Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine Restitutionsklage wegen § 580 Nr. 1 und 7b ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Die in § 580 ZPO aufgeführten Restitutionsgründe stellen nur dann einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn zwischen ihnen und dem Erlass der Vorentscheidung ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
2. Die Falschaussage eines Zeugen muss die bekämpfte Entscheidung getragen haben.
3. Eine Einstellung eines Strafverfahrens gegen einen Zeugen wegen einer Falschaussage, die nicht wenigstens von der Wahrscheinlichkeit eines Verschuldens ausgeht, kann nicht mit einer rechtskräftigen Verurteilung als Voraussetzung einer Restitutionsklage gleichgestellt werden.
4. Ist die Monatsfrist für die Klageerhebung gewahrt, können im laufenden Wiederaufnahmeverfahren weitere Wiederaufnahmegründe nachgeschoben werden. Auch wenn nach § 588 ZPO die Bezeichnung des Anfechtungsgrundes mit der "Klage" anzugeben ist.
5. Grundsätzlich können auch neue Tatsachenbehauptungen mit der Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 b ZPO vorgetragen werden, wenn sie mit der durch die Urkunde bewiesenen Tatsache im Zusammenhang stehen und erst von dieser aus sinnvoll vorgetragen werden können.
Verfahrensgang
LG Rostock (Aktenzeichen 3 O 95/15 (1)) |
Tenor
1. Die Restitutionsklage wird abgewiesen.
2. Die Restitutionskläger tragen die Kosten des Restitutionsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Restitutionsklägern bleibt nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Restitutionsbeklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Restitutionsverfahren wird auf 475.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien hatten einen Rechtsstreit über Ansprüche aus zwischen ihnen abgeschlossenen Verträgen zur Nutzung von Dachflächen zwecks Errichtung einer Photovoltaikanlage geführt. Die Restitutionsklägerin zu 1.) ist eingetragene Eigentümerin eines Grundstücks in K., das mit verschiedenen landwirtschaftlich genutzten Gebäuden bebaut ist. Der Restitutionsbeklagte hatte die Absicht, u.a. auf den Dächern dieser Gebäude eine Photovoltaikanlage zu errichten und zu betreiben. Letztlich kam es hierzu jedoch nicht. Der Restitutionsbeklagte kündigte die "Dachnutzungsverträge". Die Gründe hierfür sind zwischen den Parteien streitig.
Der Restitutionsbeklagte erhob vor dem Landgericht Klage, mit der er u.a. die Rückzahlung bereits geleisteter 230.583,38 EUR sowie die Feststellung, dass die Restitutionskläger als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm den (künftigen) Schaden zu ersetzen, der ihm wegen der Beendigung der Dachnutzungsverträge entstanden sei, geltend machte.
Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt und verurteilte die Restitutionskläger insbesondere dazu, an den Restitutionsbeklagten die geltend gemachten 230.583,38 EUR zurückzuzahlen. Des Weiteren stellte es fest, dass die Restitutionskläger als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Restitutionsbeklagten den Schaden zu ersetzen, der ihm nach Schluss der mündlichen Verhandlung wegen der Beendigung der Dachnutzungsverträge noch entstehen werde. Die weitergehende Klage wies das Landgericht ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Rostock vom 19.02.2016 (Az.: 3 O 95/15 (1)) Bezug genommen.
Gegen das Urteil des Landgerichts legten beide Parteien Rechtsmittel ein. Mit ihrer Berufung beantragten die Restitutionskläger weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Restitutionsbeklagte wendete sich mit seiner Berufung dagegen, dass ihm die Restitutionskläger auf seinen Feststellungsantrag hin nur den Schaden zu ersetzen hätten, der ihm erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstehen würde. Der Senat erhob zur Frage der Bewirtschaftungsfähigkeit des Projekts des Restitutionsbeklagten Beweis durch Vernehmung des Zeugen K. Wegen des Inhalts der Vernehmung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 19.09.2019 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 04.12.2019 (Az.: 3 U 37/16) wies der Senat die Berufung der Restitutionskläger gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 19.02.2016 zurück und änderte auf die Berufung des Restitutionsbeklagten hin das Urteil des Landgerichts Rostock insoweit ab, als die Restitutionskläger als Gesamtschuldner zudem verpflichtet wurden, dem Restitutionsbeklagten (zeitlich unabhängig) den Schaden zu ersetzen, der ihm wegen der Beendigung der Dachnutzungsverträge entstanden ist.
Hiergegen erhoben die Restitutionskläger Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof. Mit Beschluss vom 22.09.2021 (Az.: XII ZR 146/19) - zugestellt am 28.09.2021 - wies der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.
Parallel hierzu hatten die Restitutionskläger gegen den Zeugen K. Strafanzeige wegen des Verdachts einer uneidlichen Falschaussage im Rahmen seiner Vernehmung in der öffentlichen Sitzung am 19.09.2019 erstattet. Das daraufhin von der Sta...