Verfahrensgang

AG Stuttgart (Beschluss vom 13.11.2023; Aktenzeichen 21 F 1528/23)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 13.11.2023 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

4. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Rückführung der Kinder Theo L. M. M., geb. ......2014, und Olivia L. M. M., geb. ......2017, nach Brasilien nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ).

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 11.05.2007 in Belo Horizonte, Brasilien, die Ehe miteinander geschlossen. Am 26.05.2014 wurde in São Paulo, Brasilien, der gemeinsame Sohn Theo und am 18.02.2017 in Belo Horizonte, Brasilien, die gemeinsame Tochter Olivia geboren. Beide Kinder besitzen die brasilianische Staatsangehörigkeit.

Im April 2021 wurde die Ehe der Beteiligten durch das Familiengericht des Bezirks Belo Horizonte, Brasilien, geschieden. Im Scheidungstermin einigten sich die Beteiligten darauf, dass das Sorgerecht (guarda) für die gemeinsamen Kinder weiterhin gemeinsam ausgeübt wird, wobei festgelegt wurde, dass der Wohnsitz der Kinder (residência) bei der Antragsgegnerin ist. Der Antragsteller hatte regelmäßigen Umgang mit beiden Kindern.

Im Sommer 2021 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller darüber, dass sie im Rahmen einer Forschungsarbeit einen zwölfmonatigen Auslandsaufenthalt in Deutschland absolvieren wolle und dass die Kinder sie nach Deutschland begleiten sollten. Der Antragsgegner stimmte dem Aufenthalt der Kinder für ein Jahr zu und unterzeichnete hierfür ein entsprechendes Dokument bei der Deutschen Botschaft in Brasilien. Das Dokument selbst wurde im vorliegenden Verfahren von keinem der Beteiligten vorgelegt; die Beteiligten haben aber übereinstimmend angegeben, dass in dem Dokument als Enddatum der Zustimmung der 30.09.2022 angegeben war.

Am 13.10.2021 reiste die Antragsgegnerin mit beiden Kindern nach Deutschland. Sie hält sich seitdem mit ihnen hier auf.

Der Antragsteller besuchte die Kinder in der folgenden Zeit mehrfach in Deutschland, so vom 24.12.2021 bis zum 29.01.2022, vom 20.03.2022 bis zum 14.04.2022, vom 07.08.2022 bis zum 06.09.2022, vom 21.12.2022 bis zum 12.01.2023 und vom 21.02.2023 bis zum 18.03.2023.

Im August 2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller im Rahmen eines Videoanrufs mit, dass sich ihr Aufenthalt in Deutschland verlängern würde, da sich ihre Forschungsarbeit auf Grund der Corona-Pandemie verzögert habe. Der genaue Inhalt dieses Telefonats, insbesondere ob der Antragsteller darin einer Verlängerung des Aufenthalts der Kinder in Deutschland für weitere 3 oder 4 Jahre zugestimmt hat oder nicht, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 26.09.2022 schrieb der Antragsteller an die Antragsgegnerin in einer E-Mail (E-Mail vom 26.09.2022 in deutscher Übersetzung):

Ich würde gerne ein Gespräch über den Aufenthalt der Kinder in Deutschland und ihre Rückkehr nach Brasilien beginnen. Ich möchte, dass sie so bald wie möglich zurückkehren. Ich denke, dass Anfang 2023 ein guter Zeitpunkt wäre, weil es mit dem Schulbeginn in Brasilien zusammenfällt [...].

Ich schlage Folgendes vor: Ich könnte im Dezember nach Tübingen fahren und im Januar mit ihnen zurückkehren. [...]

Diesem Vorschlag des Antragstellers stimmte die Antragsgegnerin nicht zu. Vielmehr schrieb sie ihm mit E-Mail vom 28.09.2022, dass die Kinder sich gut eingelebt hätten und dass sie zunächst ihre Doktorarbeit beenden müsse, bevor sie mit den Kindern zurückkommen werde. Auszugsweise schrieb sie (E-Mail vom 28.09.2022 in deutscher Übersetzung):

Wie ich dir bereits gesagt habe endet unsere Aufenthaltsverlängerung im Juli 2023. [...] Keine Sorge, im Juli sind wir alle wieder da.

In einer E-Mail vom 19.01.2023 schrieb die Antragsgegnerin, dass die vom Vater für die Kinder vorgeschlagene Schule in Brasilien interessant sei und sie forderte ihn auf, sich zu erkundigen, welche Unterlagen hierfür benötigt werden.

Im Anschluss an den bis 18.03.2023 dauernden Deutschlandaufenthalt des Antragstellers erfolgte weitere E-Mail-Korrespondenz zwischen den Beteiligten. Hierbei sprach die Antragsgegnerin auch den Erwerb von Rückflugtickets an. Der Antragsteller beanstandete mit E-Mail vom 29.03.2023, dass die Antragsgegnerin eigenmächtig handele und ihre Vereinbarung gebrochen habe, auch habe sie keine Rückflugtickets gekauft.

Am 14.04.2023 stellte die Antragsgegnerin beim Amtsgericht - Familiengericht- Tübingen einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf sich (Az.: 1 F 249/23, nunmehr AG Stuttgart, Az.: 21 F 1625/23).

Am 26.09.2023 ging der durch das Bundesamt für Justiz eingereichte HKÜ-Rückführungsantrag des Antragstellers beim ...

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