Normenkette
BRAGO §§ 23, 121 ff
Tenor
Wird in einem Verfahren über die Änderung des Sorgerechts eine Vereinbarung über das Umgangsrecht getroffen, so erhält der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Staatskasse eine Vergleichsgebühr.
Gründe
1. In dem Streit der geschiedenen Eltern um das Sorgerecht für ihr gemeinsames Kind haben die Beteiligten in der Sitzung des Familiengerichts … eine verbindliche Vereinbarung über das Umgangsrecht der nicht sorgeberechtigten Mutter mit dem Kind getroffen, die nach Protokollierung gerichtlich bestätigt wurde. Den Antrag des Vertreters der Antragstellerin, der Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, auf Festsetzung einer zusätzlichen Vergleichsgebühr hatte die Kostenbeamtin abgelehnt mit der Begründung, die Prozeßkostenhilfebewilligung habe sich nicht auf den Abschluß eines Vergleichs erstreckt. Die dagegen vom Vertreter der Antragstellerin eingelegte Erinnerung hat die Amtsrichterin für überwiegend begründet erachtet und eine weitere Vergütung in Höhe einer 10/10-Gebühr festgesetzt. Dagegen wendet sich der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse mit der Beschwerde.
2. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Ansicht des Bezirksrevisors, ein nach § 23 BRAGO zu vergütender Vergleich über das Umgangsrecht sei nur in einem isolierten Umgangsrechtsverfahren möglich, nicht aber in einem Verfahren, das die Regelung der elterlichen Sorge zum Gegenstand hat, vermag der Senat nicht zu folgen. Auch wenn hier der in § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO angesprochene Fall von seinen Voraussetzungen her nicht gegeben ist, so kann dieser gesetzlichen Regelung doch entnommen werden, daß ein Vergleich auch dann zulässig ist, wenn sich die Eltern im Rahmen eines isolierten Streits über das Sorgerecht auf eine Umgangsregelung einigen. Der gesetzlichen Regelung in § 122 BRAGO liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, daß das Umgangsrecht gleichsam ein „(Rest-)Bestandteil des Personensorgerechts” ist (Gerold/Schmidt/von Eicken, 13. Aufl., Rdn. 40 zu § 122 BRAGO); daran hat sich auch nichts dadurch geändert, daß später in anderen Vorschriften (§§ 620, 621 ZPO, 23 b GVG) Sorgerecht und Umgangsrecht als eigenständige Verfahrensgegenstände aufgezählt worden sind. Auch wenn in Familiensachen einige Verfahrensgegenstände der Parteidisposition entzogen sind und damit nicht Gegenstand eines Vergleichs i.S. des § 23 BRAGO sein können (vgl. § 36 BRAGO), ergeben sich daraus keine überzeugenden Gründe, die im vorliegenden Verfahren getroffene vergleichsweise Regelung im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens für unzulässig zu halten. Dies wäre mit dem alle Verfahrensgesetze beherrschenden, in jüngerer Zeit zunehmend betonten Grundsatz, Streitigkeiten möglichst auf gütlichem Wege zu regeln, nicht vereinbar. Soweit aus der Begründung des Senatsbeschlusses vom 4.3.1988 (Die Justiz 1988, 211 = JurBüro 1988, 1004), dem eine andere Sachverhaltskonstellation zugrunde lag, eine abweichende Auffassung entnommen werden kann, hält der Senat daran nicht fest (vgl. auch OLG Bamberg FamRZ 93, 1346; OLG Koblenz Jur.Büro 1997, 633; OLG Zweibrücken Jur.Büro 1997, 633 = FamRZ 98, 116 (LS); OLG Düsseldorf Jur.Büro 1997, 636).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.
Unterschriften
Schmucker, Dr. Müller-Gugenberger, Dr. Zeller-Lorenz
Fundstellen
Haufe-Index 1600529 |
FamRZ 1999, 389 |
JurBüro 1998, 472 |
NJWE-FER 1998, 18 |