Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsbeschränkungen für gewerbliche Räume
Leitsatz (amtlich)
1. Nutzungsangaben im Aufteilungsplan haben keinen, Vorrang gegenüber solchen im Teilungsvertrag. Die umfassende Nutzungsmöglichkeit entfällt nur, soweit eine widerspruchsfreie Einschränkung vorliegt.
2. Unterlassungsansprüche aus Erwerbsverträgen können im Verfahren nach § 43 WEG nicht geltend gemacht werden.
Normenkette
WEG §§ 3, 8, 43
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Beschluss vom 21.06.1988; Aktenzeichen 1 b T 149/88 I) |
AG Heilbronn (Aktenzeichen GR 460/87) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Heilbronn vom 21.06.1988 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
Die Antragsteller haben beantragt,
den Antragsgegnern die Nutzung der in ihrem Teileigentum stehenden Räume als Gaststätte bzw. als Billardsalon zu untersagen,
hilfsweise,
sie zur Zahlung einer angemessenen monatlichen Entschädigung zu verpflichten.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 24.03.1988 (Bl. 148 d. A.) dem Unterlassungsanspruch stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wurde vom Landgericht mit Beschluß vom 21.06.1988 (Bl. 227) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Entscheidungen Bezug genommen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist nach Auffassung des Senats zulässig und begründet (§§ 43, 45 WEG, 27 FGG, 550 ff ZPO).
Die fraglichen Räume sind im Grundbuch (Bl. 176 ff) und im Aufteilungsvertrag nach § 3 WEG (Bl. 20, 26 ff) als „Gewerbe räume” bezeichnet, im Aufteilungsplan (Bl. 101 f) teils als Laden, teils als Büro. Die Vorinstanzen haben angenommen, daß die Bezeichnung im Aufteilungsplan als Nutzungsvereinbarung zu verstehen sei und deshalb die von den Antragsgegnern praktizierte Nutzung ausschließe.
Diese Auslegung ist nicht nur auf Rechtsfehler nachzuprüfen, sondern in vollem Umfang, da der Teilungsvertrag und der Aufteilungsplan durch Bezugnahme Inhalt des Grundbuchs geworden sind. Dabei ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie diese sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des eingetragenen oder in Bezug Genommenen ergibt (BGHZ 37, 147; 59, 205, 208; abweichend KG MDR 1989, 263, das in die Auslegung Umstände einbezieht, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind).
Eine derartige Würdigung führt nach Meinung des Senats zum Ergebnis, daß die Nutzung nicht auf Läden bzw. Büros beschränkt ist. Es kann (anders als in dem in § 874 BGB geregelten Verhältnis von Grundbuch- und Eintragungsbewilligung) nicht als üblich angesehen werden, daß die im Aufteilungsvertrag nach § 3 WEG oder in der Teilungserklärung nach § 8 WEG formulierte Zweckbestimmung erst durch die Angaben in dem als Anlage beigefügten Aufteilungsplan ihre Konkretisierung erfährt. Der Aufteilungsplan hat gegenüber dem Teilungsvertrag keinen Vorrang (Senatsbeschluß OLGZ 1981, 160). Widersprechen sich die Angaben, so darf sich der unbefangene Betrachter nicht darauf verlassen, daß von den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten nur die am engsten begrenzte zulässig sei. Er muß vielmehr davon ausgehen, daß die kraft Gesetzes umfassende Nutzungsmöglichkeit eines Teileigentums nur bei einer eindeutig ausgewiesenen Einschränkung entfällt.
Der Senat teilt damit im Ergebnis die Meinung des BayObLG (WuM 1985, 238), während gegen die Begründung Bedenken bestehen, soweit in ihr darauf abgestellt wird, daß der eigentliche Ort einer Vereinbarung die Gemeinschaftsordnung sei (so auch BayObLGZ 1988, 238); derartige spezielle Kenntnisse können von dem unbefangenen Betrachter des Grundbuchs nicht erwartet werden.
Anderer Ansicht ist dagegen das OLG Zweibrücken in seinem von den Antragstellern vorgelegten Beschluß vom 28.01.1987 (3 W 14 + 15/87; Anl. zu Bl. 265 d. A.). Dieses sieht in der im Aufteilungsplan enthaltenen Bezeichnung der Räume als „Laden, Büro, Arzt oder Wohnung” eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.
Die Abweichung von dieser Entscheidung nötigt nach § 28 FGG zur Vorlage an den BGH. Denn die dort vertretene Meinung würde zur Zurückweisung der weiteren Beschwerde führen. Nach der vom Senat für richtig gehaltenen Auffassung müßte dagegen der Beschluß des Landgerichts aufgehoben werden, weil es an einer eindeutigen Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit fehlt und deshalb der Betrieb einer Gaststätte sowie eines Billardsalons nicht aufgrund des § 15 WEG untersagt werden kann.
Die Antragsteller können sich auch nicht mit Erfolg auf § 14 WEG berufen. Denn wenn eine Nutzung in der genannten Weise zulässig ist, müssen die damit notwendig verbundenen Belästigungen hingenommen werden. Die Miteigentümer können zwar gegen Auswüchse vorgehen, aber aus solchen – jedenfalls in aller Regel – keinen Anspruch auf Unterlassung der fraglichen Nutzung im ganzen ableiten.
Ob den Antragstellern gegen den Antragsgegner zu 1) aus den Erwerbsverträgen Ansprüche auf Unterlassung der jetzt ausgeübten Nutzung zustehen, ist im Verfahren nach § 43 WEG nicht zu entscheiden (BGHZ 62, 388 zu Ans...