Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehung einer Einigungsgebühr in einem Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB
Leitsatz (amtlich)
Auch in Sorgerechtsverfahren kann grundsätzlich eine Einigungsgebühr anfallen. Für die Festsetzbarkeit der Einigungsgebühr reicht es aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Beteiligten eine Vereinbarung im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV geschlossen haben. Einer Protokollierung der Vereinbarung bedarf es nicht (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 13.4.2007 - II ZB 10/06, NSW RVG-VV Nr. 1000 (BGH-intern); entgegen OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.1.2007, 5 WF 247/06).
Normenkette
BGB § 1671; RVG § 55; VV RVG Nrn. 1000, 1003
Verfahrensgang
AG Nürtingen (Beschluss vom 16.04.2007; Aktenzeichen 21 F 599/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des AG Nürtingen - FamG - vom 16.4.2007 - 21 F 599/06, abgeändert:
Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers wird zu seinen Gunsten in Abänderung der Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des AG Nürtingen - FamG - vom 8.1.2007 - 21 F 599/06, eine weitere Vergütung von 219,24 EUR festgesetzt.
Das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. In der Familiensache wegen Regelung der elterlichen Sorge und einstweiliger Anordnung bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts wurde dem Antragsteller durch das AG Nürtingen - FamG - am 1.8.2006 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.
Im einstweiligen Anordnungsverfahren wurden durch Beschluss vom 3.8.2006 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind der Parteien auf den Antragsteller, den Vater, übertragen, zugleich das Umgangsrecht der Antragsgegnerin, der Mutter, mit dem Kind geregelt und deren Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wurde nach Zurückweisung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht durch das OLG am 26.9.2006 zurückgenommen. Hierauf teilte der Familienrichter des AG mit Verfügung vom 19.10.2006 im Hauptverfahren den Beteiligten mit, dass er im Hinblick auf die getroffene einstweilige Anordnung und deren Bestätigung durch das OLG vorschlage, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater zu übertragen. Hiermit erklärten sich beide Elternteile schriftsätzlich einverstanden. Das Hauptsacheverfahren wurde danach durch Beschluss des AG vom 29.11.2006 dahingehend entschieden, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater übertragen wird und außergerichtliche Auslagen der Beteiligten nicht zu erstatten seien.
Am 13.12.2006 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gem. § 55 RVG. Dem Antrag wurde entsprochen. Jedoch wurden die geltend gemachte Einigungsgebühr von 189 EUR zzgl. 16 % Mehrwertsteuer (30,24 EUR), insgesamt ein Betrag von 219,24 EUR nicht in Ansatz gebracht. Gegen die Vergütungsfestsetzung vom 8.1.2007, zugestellt am 15.1.2007, hat der Beschwerdeführer wegen der nicht festgesetzten Einigungsgebühr nebst MWSt. per Telefax am 29.1.2007 Erinnerung (als Beschwerde bezeichnet) eingelegt. Die Bezirksrevisorin ist dieser entgegengetreten und der Referatsrichter hat die Erinnerung mit Beschluss vom 16.1.2007 zurückgewiesen. Diese am 3.5.2007 zugestellte Entscheidung hat der Beschwerdeführer per Telefax am 16.5.2007 mit der sofortigen Beschwerde angefochten, die ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt wurde.
2. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers ist statthaft, form- und fristgerecht erhoben und der Beschwerdewert übersteigt 200 EUR, so dass das Rechtsmittel zulässig ist (§§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 und 3, Abs. 7 RVG).
Es hat auch in der Sache Erfolg.
Nach soweit ersichtlich ganz überwiegender Auffassung kann in einem auf Antrag durchgeführten Sorgerechtsverfahren gem. § 1671 BGB für einen als Verfahrensbevollmächtigten beteiligten Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000, 1003 RVG-VV entstehen (vgl. hierzu: OLG Dresden MDR 1999, 1201; OLG Koblenz MDR 2001, 1017; OLG Nürnberg Rpfleger 2005, 280; OLG Nürnberg NJW 2005, 2021; OLG Koblenz OLG Koblenz v. 11.3.2005 - 7 WF 105/05, OLGReport Koblenz 2005, 685 = NJW-RR 2005, 1160; OLG Koblenz, Beschl. vom 28.9.2005, 11 WF 835/05; OLG Zweibrücken OLG Zweibrücken v. 7.10.2005 - 5 WF 96/05, OLGReport Zweibrücken 2006, 176 = NJW-RR 2006, 1007; OLG Zweibrücken OLG Zweibrücken v. 14.12.2005 - 2 WF 220/05, OLGReport Zweibrücken 2006, 242 = FamRZ 2006, 637; OLG Brandenburg v. 5.4.2006 - 9 WF 75/06, NJW-RR 2006, 1368; ablehnend für ein Verfahren gem. § 1666 BGB OLG Koblenz NJW-RR 2006, 1151). Mittelbar ergibt sich diese Möglichkeit bereits aus der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 3 RVG.
Soweit das OLG Frankfurt in seinem Beschl. v. 8.1.2007 - 5 WF 247/06, unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH v. 28.3.2006 - VIII ZB 29/05 (NJW 2006, 1523) die ...