Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 1 AR 81/98)

AG Esslingen (Aktenzeichen 4 C 1827/98)

 

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird kostenpflichtig

abgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Antrag ist zulässig, der Sache nach jedoch unbegründet.

1.

§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO setzt voraus, daß kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist (BGH NJW 88, 1914; Zöller/Vollkommer, ZPO, 20. Aufl., § 36, 15; Wieczorek/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 36, 40). Haben die Beklagten einen solchen, darf Nr. 3 nicht angewendet werden (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 36, 17); der Antrag ist dann abzuweisen (BGH NJW 88, 1914).

2.

So liegt es hier. Gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Beklagten ist Plochingen. Damit ist das Amtsgericht Esslingen kraft Gesetzes zuständig.

a) Die Kläger nehmen nach dem Inhalt der Klageschrift die Beklagten, die jeweils Eigentümer eines Hauses in einer doppelten Häuserzeile sind, als Miteigentümer des in Plochingen belegenen und von den Reihenhäusern flankierten Gemeinschaftsweges H. str. 34 – 56 auf finanzielle Beteiligung an der Sanierung des durch tiefe Löcher beschädigten Teerbelages in Anspruch. Die Beklagten wohnen allerdings nur teilweise im für Plochingen zuständigen Amtsgerichtsbezirk, zum Teil haben sie ihren Wohnsitz auch außerhalb des Bezirks des für die belegene Sache zuständigen Landgerichts.

Das für Plochingen zuständige und mit der Klage angerufene Amtsgericht Esslingen hat einen aus §§ 24 oder 26 ZPO ableitbaren gemeinsamen Gerichtsstand verneint und die Kläger auf einen Antrag gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verwiesen, den das Landgericht Stuttgart, da die Beklagten zum Teil im Bereich des Landgerichts Stuttgart, zum Teil in dem des Landgerichts Ulm ihren Wohnsitz haben, dem Oberlandesgericht vorgelegt hat.

b) Zwar ist den knappen Ausführungen des Amtsgerichts, weder § 24 noch § 26 ZPO schaffe einen gemeinsamen Gerichtsstand, insoweit beizutreten, als in der einschlägigen Literatur die Fallgestaltung der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums (§§ 1008 f. 741 f, insbesondere § 748 BGB) keine ausdrückliche Erwähnung findet.

Gleichwohl muß nach Sinn und Zweck des § 26 ZPO die mit der Klage angesprochene Fallgestaltung unter diese Norm gefaßt werden.

aa) Nach dieser Vorschrift muß der Beklagte im Zeitpunkt der Klagerhebung gerade wegen seines Eigentums oder seines Besitzes an einer unbeweglichen Sache in Anspruch genommen werden (MK/Patzina, ZPO, § 26, 2); sie erfaßt Klagen, die deshalb gegen den Eigentümer oder Besitzer erhoben werden, weil nur dieser als solcher passivlegitimiert ist (Zöller/Vollkommer a.a.O. § 26, 2; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 26, 4; Hausmann a.a.O. § 26, 3; Thomas/Putzo a.a.O. § 26.1; AK/Röhl, ZPO, § 26, 8). Auch wenn § 26 nur von „persönlichen” Klagen spricht, so bezieht sich die Vorschrift nach ihrem Zweck auch auf dingliche Klagen, soweit diese nicht bereits unter § 24 fallen (Hausmann a.a.O. § 26, 3).

bb) Als ein Musterfall des § 26 ZPO werden gerade Klagen zur Regelung der Benutzung und Unterhaltung von Grenzanlagen gemäß § 922 ZPO behandelt (Zöller/Vollkommer a.a.O. 2; Stein/Jonas/Schumann a.a.O. 4; MK/Patzina a.a.O. 2; Hausmann a.a.O. 4; AK/Röhl a.a.O. 8).

cc) Zwar ist vorliegend keine Grenzeinrichtung betroffen; darunter fallen zwar auch sog. Reihen, d.h. unbebaute Grenzstreifen zwischen zwei Gebäuden oder der Zufahrtsweg zu einer Garage (Soergel/J. F. Baur, BGB, 12. Aufl., § 921, 2) oder auch eine Durchfahrt, wenn sie zwischen den Grundstücken liegt (Staudinger/Roth, BGB [1995], § 921, 5). Voraussetzung ist aber, daß die dem Vorteil beider oder mehrerer Grundstücke dienende Einrichtung von der Grenze geschnitten wird (Soergel/J. F. Baur a.a.O. 3). Im Miteigentum stehende Zwischengrundstücke scheiden aus; auf sie sind die §§ 1009, 741 f BGB anzuwenden (Staudinger/Roth a.a.O. § 921, 6).

dd) Gleichwohl zeigt diese Vorschrift, die am Eigentum anknüpft und einen Verwaltungsbedarf hinsichtlich einer unbeweglichen Sache mit einer § 748 BGB ähnlichen Verwaltungsnorm (§ 922 S. 2 BGB) regelt, daß ein Streit unter den durch die dingliche Rechtsposition Verbundenen am Ort des belegenen Grundstücks ausgetragen werden kann.

c) Diesen Wertungsansatz offenbart der Gesetzgeber ebenfalls in § 29 b ZPO und § 43 Abs. 1 WEG, wo er bei der Auseinandersetzung über die Verwaltung einer gemeinschaftlichen unbeweglichen Sache dem Gesichtspunkt der Grundstücksbelegenheit ausdrücklich den Ausschlag zuweist. Wohnungseigentum ist aber, wie auch § 10 Abs. 1 S. 1 WEG zeigt, (nur) modifiziertes Miteigentum nach Bruchteilen (Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 1 WEG, 2 b; Weitnauer, WEG, 8. Aufl., Vor § 1, 33).

d) Dies rechtfertigt, den Streit über die Kosten der Erhaltung einer gemeinschaftlichen Sache unter § 26 ZPO zu fassen. Danach ist kein Kompetenzkonflikt angelegt und damit besteht kein Zuweisungsbedarf.

3.

Im übrigen würden die obigen Erwägungen unter dem im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausschlaggebenden Gesichts...

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