Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 29 O 546/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.02.2017, Az. 29 O 546/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Berufungsstreitwert auf 313.949,77 EUR festzusetzen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 30.01.2017
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat nach übereinstimmender Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).
In der Sache ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausübung des Widerrufsrechts gegen § 242 BGB verstoßen hat. Auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die dagegen mit der Berufung erhobenen Einwände sind nicht begründet:
1. Dem Widerrufsrecht steht der Einwand der Verwirkung entgegen.
a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt, neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (BGH Urteile, vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15 -, Rn. 40; vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 - Rn. 37; vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 -, Rn. 30).
b) Da der Widerruf 2015 mehr als zehn Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages erklärt wurde, liegt das für die Verwirkung notwendige Zeitmoment vor. Auch das weiter erforderliche Umstandsmoment ist zu bejahen.
aa) Die Frage, ob dem Kläger das Widerrufsrecht bei Rückführung des Darlehens 2009 bekannt war und die Beklagte von einer entsprechenden Kenntnis ausgehen durfte, muss im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden. Denn dem Wunsch des Verbrauchers, den Vertrag vorzeitig zu beenden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch in diesen Fallgestaltungen - abhängig von den weiteren Umständen - maßgebliches Gewicht beizumessen sein (BGH, Beschluss vom 12. September 2017 - XI ZR 365/16 -, Rn. 8 zum Urteil des Senats vom 23. Mai 2017 - 6 U 192/16). Dass der Darlehensgeber davon ausging oder ausgehen musste, der Darlehensnehmer habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt eine Verwirkung nicht aus (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 455/16 -, Rn. 21). In Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs misst der Senat dem Umstand, dass der Darlehensnehmer die vorzeitige Vertragsbeendigung gewünscht hat, auch in Fällen wie dem vorliegenden im Rahmen der gebotenen Würdigung des Einzelfalles maßgebliches Gewicht bei, sodass die Tatsache, dass der Darlehensnehmer vom Bestehen seines Widerrufsrechts keine Kenntnis hatte und der Darlehensgeber diese auch nicht unterstellen durfte, das Umstandsmoment nicht ausschließt (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2017 - 6 U 174/14 - juris).
bb) Gegen die Verwirkung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ferner nicht mit Erfolg argumentiert werden, die Beklagte sei nicht schutzwürdig, weil sie durch die fehlerhafte Widerrufsbelehrung den eingetretenen Schwebezustand selbst zu verantworten habe und sie zudem in der Lage gewesen wäre, diesen durch eine Nachbelehrung zu beenden. Wurde der Vertrag auf Wunsch des Verbrauchers vorzeitig beendet, stehen weder der ursprüngliche Mangel der Widerrufsbelehrung noch der Umstand, dass es der Unternehmer in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren, der Annahme der Verwirkung entgegen (BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15 Rn. 30).
cc) Zwar hat sich die Beklagte nicht in einer Weise auf das Ausbleiben eines Widerrufs eingerichtet, dass ihr aus der verspäteten Ausübung des Widerrufsrechts ein unzumutbarer Nachteil entstanden wäre. Dies schließt den Einwand der Verwirkung aber nicht aus. Nach den vom XI. Senat des Bundesgerichtshofs formulierten Obersätzen ist der Eintritt eines solchen Nachteils keine notwendige Bedingung der Verwirkung des R...