Verfahrensgang

AG Stuttgart (Beschluss vom 29.09.2021; Aktenzeichen 26 F 1387/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 29.09.2021 - 26 F 1387/21 - wird

zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

4. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. 1. Der Antragsteller beantragt die Rückführung des beteiligten Kindes nach Polen.

Das Kind I. P. geboren am ...2018, ist aus der nichtehelichen Beziehung des Antragstellers J. P. (im Folgenden: Vater) und der Antragsgegnerin Jo. P. (im Folgenden: Mutter) hervorgegangen. Die Eltern lebten zumindest bis November 2019 gemeinsam mit dem Kind I. in Polen zusammen. Nach der Trennung der Eltern lebte I. im Haushalt der Mutter in Polen und wurde von ihr betreut und versorgt, mit dem Vater fanden Umgangskontakte statt.

Spätestens Anfang 2020 informierte die Mutter den Vater darüber, dass sie beabsichtige, mit I. dauerhaft nach Deutschland zu ziehen und erbat seine Zustimmung hierzu, die der Vater jedoch nicht erteilte. Er stellte vielmehr am 25.05.2020 einen Antrag beim Amtsgericht in O./Polen, Az. III Nsm 433/20, auf Festlegung des Wohnortes des Kindes und von Umgangskontakten. Mit Beschluss vom 26.09.2020 hat sich das Amtsgericht O. für das Hauptsacheverfahren für nicht örtlich zuständig erklärt und hat die Sache an das Amtsgericht S. verwiesen, wo die Akte am 01.02.2021 eingegangen ist und unter dem Aktenzeichen III Nsm 63/21 registriert wurde. Das Amtsgericht S. hat am 21.06.2021 mit den beteiligten Eltern mündlich verhandelt und anschließend ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Ein Begutachtungstermin der Eltern und des Kindes wurde auf den 11.01.2022 bestimmt. Das in Polen anhängige Hauptsacheverfahren ist folglich noch nicht abgeschlossen.

An einem nicht bekannten Tag zwischen Montag, 06.09.2020, als der Vater I. nach einem Umgangskontakt zur Mutter zurückbrachte, und Samstag, 11.09.2020, reiste die Mutter, ohne den Vater zuvor zu informieren, mit I. nach Deutschland aus in der Absicht, zukünftig dauerhaft mit dem Kind dort zu leben. Am 11.09.2020 teilte sie dem Vater mit, dass sie sich mit dem gemeinsamen Kind in ..., Deutschland, aufhalte. Seit der Ausreise im September 2020 bis heute lebt sie durchgängig mit I. in Deutschland. Der Vater hat am 16.09.2020 vor dem Amtsgericht in O.../Polen einen Antrag auf ein Sicherungsverfahren (entsprechend einem einstweiligen Anordnungsverfahren) gestellt, mit dem er beantragt hat,

den Wohnsitz des minderjährigen I. P. für die Dauer des Verfahrens so zu sichern, dass er jedes Mal der Wohnsitz seiner Mutter Jo. in der Republik Polen sein wird, und im Falle der Ausreise der Mutter ins Ausland der Wohnsitz des minderjährigen I. P. jedes Mal der Wohnsitz seines Vaters - J. P. - in der Republik Polen sein wird.

Mit Beschluss vom 25.09.2020 - III Nsm 433/12 - hat das Amtsgericht O.../Polen aufgrund dieses Antrags des Vaters wie folgt entschieden:

I. Für die Dauer des Verfahrens ist es festzulegen, dass der Wohnort des minderjährigen I. P., Sohn von J. und Jo., geboren am ...2018 in ..., jeweils der Wohnort seiner Mutter - der Verfahrensbeteiligten Jo. P. - ist.

II. Im Übrigen sind die am 27.06.2020 und am 16.09.2020 vom Antragsteller eingebrachten Sicherungsanträge zurückzuweisen.

III. Es ist festzustellen, dass der Beschluss in Punkt I vollstreckbar ist.

Zur Begründung führt das Amtsgericht O... aus, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens festgestellt werde, dass der jeweilige Wohnsitz des minderjährigen I. P. der jeweilige Wohnsitz seiner Mutter sei, da die Mutter als Elternteil und ständige faktische Betreuerin des Minderjährigen bisher eine führende Rolle gespielt habe. Aus den Beweisen, die bei der Prüfung des Antrags auf Sicherungsgewährung gesammelt worden seien, gehe hervor, dass die Eltern des Minderjährigen getrennt seien und dass der Minderjährige selbst (derzeit in Deutschland) hauptsächlich unter der direkten Betreuung seiner Mutter gestanden habe und stehe. Es sei festzustellen, dass auch nach Ansicht des Vaters der Wohnsitz des Minderjährigen in der Regel der Wohnsitz seiner Mutter sein solle.

Soweit der Antragsteller auch beantrage, dass für die Dauer des Verfahrens bei der Ausreise der Mutter ins Ausland der Wohnsitz beim Vater festgesetzt sein solle, könne dem Antrag auf Sicherung in diesem Teil nicht stattgegeben werden. Das Gericht nehme wahr, dass der Minderjährige weiterhin emotionale Bindungen zu beiden Elternteilen habe und dass der Vater sich bemühe, den Kontakt zum Sohn aufrechtzuerhalten, die Festsetzung von zwei verschiedenen Wohnsitzen - gemäß Art. 28 Kodeks Cywilny (polnisches Zivilgesetzbuch) im Umkehrschluss - sei (aber) unzulässig.

Der Vater hat in der ersten Instanz vorgebracht, dass er von der ersten Lebensminu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge