Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist zur Einlegung der Streitwertbeschwerde beginnt bei einem selbständigen Beweisverfahrens, dem zeitnah ein Hauptsacheverfahren nachfolgt, in dem der erhobene Beweis verwertet wird, mit dessen rechtskräftigem Abschluss.

2. Bei der Streitwertfestsetzung in einem auf die Feststellung von Baumängeln gerichteten selbständigen Beweisverfahren ist grundsätzlich die bei einer Mängelbeseitigung anfallende Umsatzsteuer zu berücksichtigen, sofern der Antragsteller nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.

3. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nicht zum Vorsteuerabzug für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Unterhalt einer von ihr betriebenen Berufsschule berechtigt.

 

Normenkette

GKG § 68 Abs. 1 S. 2, § 63 Abs. 3 S. 2; UStG § 2 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Beschluss vom 12.12.2014; Aktenzeichen 3 OH 21/10)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin Ziff. 1 gegen den Streitwertbeschluss des LG Ellwangen vom 12.12.2014 - 3 OH 21/10, wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung des LG Ellwangen in einem selbständigen Beweisverfahren wegen Mängeln an einer Kühlanlage.

Nachdem der vom LG mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige im August 2011 ein schriftliches Gutachten vorgelegt und Ende November 2011 schriftlich zu ergänzenden Fragen der Parteien Stellung genommen hatte, setzte das LG den Streitwert mit Beschluss vom 14.12.2011 gem. § 63 Abs. 2 GKG auf 35.700 EUR fest.

In der Folgezeit wurde das selbständige Beweisverfahren im Hinblick auf einen bereits am 28.10.2011 gestellten Ergänzungsantrag fortgesetzt. Im Oktober 2012 erstattete der Sachverständige ein weiteres schriftliches Gutachten und nahm Mitte Januar 2013 schriftlich ergänzend zu weiteren Fragen Stellung.

Mit Beschluss vom 12.12.2014 setzte das LG auf Antrag des Antragstellervertreters vom 10.12.2014 den Streitwert auf 59.500 EUR (50.000 EUR zzgl. 19 % MwSt) fest.

Hiergegen richtet sich die am 19.12.2014 eingelegte Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin Ziff. 1. Sie ist der Ansicht, dass der Beschluss vom 14.12.2011, der den Streitwert zutreffend wiedergebe, nicht abgeändert werden durfte. Den Streitwert der sich anschließenden Hauptsache habe das Gericht zutreffend mit 50.000 EUR festgesetzt. Dies entspreche auch dem Beweisinteresse des Antragstellers bei Einleitung des Verfahrens, der Schadensersatz in Höhe der Kosten geltend mache, die er lediglich aufzuwenden beabsichtige. Die Umsatzsteuer sei nicht zu berücksichtigen.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin Ziff. 2 beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.

Das LG hat der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthafte Streitwertbeschwerde ist zulässig. Sie wurde insbesondere nach §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG fristgemäß eingelegt. Der Beschwerdewert nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG ist erreicht.

In der Sache hat die Streitwertbeschwerde aber keinen Erfolg.

1. Das LG war an der Streitwertfestsetzung im Dezember 2014 nicht deshalb gehindert, weil es bereits im Dezember 2011 den Streitwert auf 35.700 EUR festgesetzt hatte.

Die Befugnis des LG zur Änderung der Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 3 S. 1 GKG.

Gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GKG n.F. (§ 63 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 GKG a.F.) kann die Wertfestsetzung von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, von Amts wegen geändert werden. Ein entsprechender Parteiantrag ist als Anregung zu einer solchen Änderung von Amts wegen anzusehen (vgl. Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 63 GKG Rz. 10).

Von dieser Befugnis hat das LG im Anschluss an den als Anregung auszulegenden Antrag des Antragstellervertreters vom 10.12.2014 Gebrauch gemacht.

Die Änderungsbefugnis war nicht wegen Zeitablaufs erloschen.

Gemäß § 63 Abs. 3 S. 2 GKG ist die Änderung nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat. Beendet im Sinne dieser Vorschrift ist ein selbständiges Beweisverfahrens bei einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren, in dem der erhobene Beweis verwertet wird, mit dessen rechtskräftigem Abschluss (OLG Celle, Beschl. v. 26.7.1993 - 4 W 99/93, MDR 1993, 1019; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 5.3.1999 - 7 W 8/99, MDR 1999, 1093, juris Rz. 5; KG, Beschl. v. 23.8.2002 - 4 W 219/01, MDR 2002, 1453, juris Rz. 1; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.1.2005 - 13 W 77/04, BauR 2005, 1513, juris Rz. 5; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.2005 - 5 W 28/05, BauR 2006, 1179, juris Rz. 30; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 492 Rz. 4; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 492 Rz. 4; E. Schneider MDR 2000, 1230; wohl auch OLG Koblenz, Beschl. v. 28.2.2005 - 5 W 131/05, MDR 2005, 825, juris Rz. 2; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.1997 - 21 W 4/97, OLGReport Fran...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge