Leitsatz (amtlich)

Anfechtung des Kostenansatzes/Vorschussnachforderung des Kostenbeamten (§§ 17 Abs. 1, 18 GKG):

1. Die gesetzlichen Ermächtigungen des Gerichts gem. §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO zur Anforderung von Auslagenvorschüssen beim Zeugen- und Sachverständigenbeweis stellen Ermessensregeln dar, die als vorrangige Spezialvorschriften gegenüber den allgemeineren §§ 17 Abs. 1, 18 GKG, die sich nur auf die sonstigen mit notwendigen Auslagen verbundenen Prozesshandlungen des Gerichts beziehen, den Kostenbeamten binden und damit eine Vorschussnachforderung durch diesen nicht ermöglichen.

2. Die Vorschusspflicht der §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO, deren richterliche Anordnung nicht anfechtbar ist, erstreckt sich nicht auf jeden Antragsteller unabhängig von seiner Stellung im Verfahren wie bei den §§ 17 Abs. 1, 18 GKG. Vielmehr wird der Streitgehilfe durch einen eigenen Beweisantritt nicht zum Vorschussschuldner, sondern die von ihm unterstützte Partei.

 

Normenkette

ZPO §§ 379, 402, 492 Abs. 1; GKG § 17 Abs. 1, §§ 18, 66

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Beschluss vom 10.03.2011; Aktenzeichen 3 OH 1/06)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Streithelfer wird der Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Rottweil vom 10.3.2011 - 3 OH 1/06, abgeändert:

Auf die Erinnerung der Streithelfer wird der Kostenansatz vom 5.5.2010 betreffend die Sachverständigenvergütung von 3.990,23 EUR abzgl. gezahlter Vorschüsse von 1.674,14 EUR, mithin von noch 2.316,09 EUR, dahin abgeändert, dass die Kostenschuld der Streithelfer mit 1.787,38 EUR angesetzt wird, so dass von den Streithelfern - abzgl. der Vorschusszahlungen von 1.674,14 EUR - noch 113,24 EUR zu bezahlen sind.

Im Übrigen verbleibt es bei der mit Beschluss des LG Rottweil vom 10.3.2011 - 3 OH 1/06, ausgesprochenen Zurückweisung der weitergehenden Erinnerung.

2. Das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 2.202,85 EUR

 

Gründe

1. Der Einzelrichter hat die Erinnerung der Streithelfer gegen den Kostenansatz vom 5.5.2010 betreffend die Sachverständigenvergütung (Nr. 9005 GKG-KV) von 3.990,23 EUR abzgl. bereits gezahlter Vorschüsse von 1.674,14 EUR, mithin von noch 2.316,09 EUR, durch Beschluss vom 10.3.2011 zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Streithelfer durch ihren Verfahrensbevollmächtigten am 22.3.2011 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Kostenansatz von 3.990,23 EUR abzuändern, soweit höhere Kosten als 1.787,38 EUR berücksichtigt wurden.

Zum Sach- und Streitstand im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss, die Stellungnahmen der Bezirksrevisorin vom 18.10.2010 und vom 13.4.2011, die Beschwerdebegründung und die im Erinnerungsverfahren eingereichten Schriftsätze der Streithelfer verwiesen.

Die Akten wurden ohne Abhilfe dem OLG mit Beschluss vom 21.4.2011 zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die unbefristete Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG zulässig und in der Sache in vollem Umfang begründet.

Zwar haben die Streithelfer ihr Rechtsmittel nicht mehr dahin begründet, dass sie überhaupt nicht Kostenschuldner sein können, sondern damit, dass das Ergänzungsgutachten vom 22.5.2007, das mit 1.962,91 EUR abgerechnet wurde, durch eine unbrauchbare vorherige Leistung des Sachverständigen veranlasst worden sei und dass die Streithelfer nicht mit den hälftigen Kosten von 239,94 EUR der dritten ergänzenden Stellungnahme belastet werden könnten.

Dies entbindet aber die Beschwerdeinstanz im Rahmen der erfolgten Anfechtung bezüglich eines 1.787,38 EUR übersteigenden Kostenansatzes nicht von der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der von der Vorinstanz angenommenen Kostenhaftung der Streithelfer nach §§ 17 Abs. 1, 18 GKG. Denn die gesetzliche Grundlage für eine Kostenerhebung gegenüber Verfahrensbeteiligten unterliegt nicht deren Disposition.

Die richterlichen Vorschussanforderungen im selbständigen Beweisverfahren gegenüber den Streithelfern i.H.v. 1.674,14 EUR, die nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sind, beruhten nicht auf § 17 Abs. 1 GKG, sondern auf §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO.

Die dort geregelte gesetzliche Ermächtigung des Gerichts, für Beweiserhebungen Auslagenvorschüsse zu fordern, verdrängt § 17 Abs. 1 GKG als Spezialvorschrift (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.9.2006 - 10 W 87/06; OLG Dresden JurBüro 2007, 212; OLG Stuttgart/Senat Justiz 2009,172 m.w.N.; BGH NJW-RR 2009, 1433 m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. 2011, § 17 GKG Rz. 1-2; Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 379 ZPO Rz. 1).

Die darauf beruhenden richterlichen - und von den Streithelfern erfüllten - Vorschussanforderungen waren nicht anfechtbar (vgl. im Einzelnen zu dieser Problematik: OLG Dresden JurBüro 2007, 212; OLG Hamm NZM 2007, 847; OLG Stuttgart/Senat Justiz 2009, 172; BGH NJW-RR 2009, 1433; je m.w.N.).

Anders verhält es sich dagegen mit der durch den Kostenansatz des Kostenbeamten auf §§ 17 Abs. 1, 18 GKG gestützten Vorschussnachforderung.

Der Kostenansatz ist gem. § 66 Abs. ...

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