Entscheidungsstichwort (Thema)
fahrlässige Tötung
Leitsatz (amtlich)
Das Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen nach § 6 bad.-württ. Feiertagsgesetz gilt für alle Tätigkeiten, die als normale Werktagsarbeit nach außen erkennbar sind. Das ist bei Veranstaltung eines allgemein zugänglichen Privatmarktes (hier: „Privater Gebrauchtwagenmarkt”) regelmäßig der Fall.
Normenkette
FeiertagsG § 6 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1a bad.-württ
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 07.02.1984; Aktenzeichen 3 Ns 386/82) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 7. Februar 1984 mit den Feststellungen
aufgehoben,
soweit es ihn betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
I. Das Schöffengericht hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafe verurteilt. Dessen Berufung führte lediglich zu einer Herabsetzung von Zahl und Höhe der Tagessätze.
Das Landgericht hat festgestellt:
Im April 1980 erteilte die Firma F. der Firma K. den Auftrag zur Erstellung einer 72 × 40 Meter großen Lagerhalle mit Flachdach im sogenannten Komplettbau, deren lichte Höhe 4,50 Meter und deren „Attikahöhe” 5,40 Meter betrug. Architekt und Bauleiter für das Vorhaben war der Angeklagte, der vereinbarungsgemäß „unter anderem” die Erstellung des Fundaments der Halle vorzubereiten, die Arbeiten der an der Bauausführung beteiligten Unternehmen zu koordinieren und die Einhaltung der Termine zu überwachen hatte. im November 1980 hatten Angehörige der Firma K. das Hallendach eingedeckt. Anschließend schnitt der Arbeiter V., der zusammen mit zwei Arbeitskollegen die Dachdeckerarbeiten ausgeführt hatte, die Öffnungen für zwanzig Lichtkuppeln in das Blechdach. Jede Öffnung maß 1,20 × 1,20 Meter. Entgegen der ihnen in früheren Fällen vom Angestellten S. der Firma … erteilten Weisung, die Öffnungen entweder sofort mit den Lichtkuppeln abzudecken oder aber mit festangebrachten Schalplatten zu sichern, unterließen dies die drei Arbeiter; auch schränkten sie die Öffnungen nicht ab. Ihr Vorgehen verstieß gegen § 12 (Absturzsicherung) der Unfallverhütungsvorschriften „Bauarbeiten”. Da der Bauingenieur S. bereits Ende Oktober 1980 eine mehrwöchige Kur angetreten hatte, waren die Arbeiter der Firma K. in der Folgezeit unbeaufsichtigt gewesen. Der Angeklagte wußte dies. Am 15. oder 16. November 1980 hatte er die ungesicherten Dachöffnungen gesehen, die Arbeiter des Bauunternehmens aber nicht auf die Einhaltung der ihm bekannten Unfallverhütungsvorschriften hingewiesen. Er forderte diese lediglich auf, das Dach möglichst rasch abzudichten, da Regenwasser durch die Öffnungen ins Innere der Halle gelangte. Als bereits ein Teil der 20 Lichtkuppeln angebracht war, stürzte der Arbeiter V. am 17. November 1980 gegen 12.00 Uhr aus Unachtsamkeit durch eine der verbliebenen Öffnungen und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Der frühere Mitangeklagte W., einer der drei Geschäftsführer der Firma K., ist deshalb bereits rechtskräftig wegen fahrlässiger Tötung V. verurteilt worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat Erfolg.
1. Die Strafkammer verkennt nicht, daß der Angeklagte als Bauleiter eine umfassende Garantenstellung und damit eine ebensoweit reichende Pflicht zur Gefahrenabwehr nicht hatte (BGHSt 19, 286, 288/289). Gleichwohl ist sie der Ansicht, dieser wäre deshalb verpflichtet gewesen, Maßnahmen zur Abwendung von den Arbeitern der Bauunternehmerin drohenden Gefahren zu ergreifen, weil die Firma F., die als Bauherrin mit der Durchführung des Bauvorhabens eine Gefahrenquelle geschaffen habe und deshalb bei nachlässiger Arbeitsweise und Verletzung der Überwachungspflichten der Bauunternehmerin nicht untätig hätte bleiben dürfen, sich zur Wahrnehmung dieser Pflichten des Angeklagten als bauleitenden Architekten bedient habe. Diesem sei aber nicht nur das schon drei Wochen anhaltende Fehlen jeglicher Beaufsichtigung der Arbeiter der Bauunternehmerin durch diese selbst bekannt gewesen; vielmehr habe er als erfahrener Architekt und Kenner der Unfallverhütungsvorschriften die Gefährlichkeit der ungesicherten Dachöffnungen erkennen können und deshalb auch zum Schutze der Arbeiter und „sonstiger am Bau beteiligter Personen” (UA S. 21) schadenverhütende Maßnahmen ergreifen müssen.
2. Diese Auffassung des Landgerichts begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Die Verantwortung für die Bauausführung trägt, sofern nicht ausnahmsweise der Bauherr selbst sich von vornherein die Bauaufsicht ganz oder zum Teil vorbehalten hat und sie dann durch einen entsprechenden Fachmann ausüben läßt, allein der Bauunternehmer (BGH aaO, S. 288). Dieser Haftungsübergang vom Bauherrn auf den Bauunternehmer wirkt auch zugunsten der Personen, die als Bauleiter im Auftrage des Bauherrn dessen Belange gegenüber dem Bauunternehmer wahrnehmen. ...