Leitsatz (amtlich)
1. Ein noch nicht abgeschlossenes Prozesskostenhilfeverfahren ist mit dem Tod der den Antrag stellenden Prozesspartei beendet; der den Rechtsstreit aufnehmende Rechtsnachfolger kann dieses Verfahren nicht fortführen.
2. Eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten der früheren Partei kommt nach deren Tod nicht mehr in Betracht, selbst wenn das Gericht das Verfahren pflichtwidrig verzögert hatte.
3. Der den Rechtsstreit aufnehmende Rechtsnachfolger kann zwar einen neuen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen; die Bewilligung ist aber, sofern im Zeitpunkt des Todes der früheren Partei über ihr Gesuch um Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden war, nur dann möglich, wenn in der Person des Rechtsnachfolgers die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen und weiterhin Erfolgsaussicht besteht.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 16.03.2011; Aktenzeichen 18 O 94/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 16.3.2011 - 18 O 94/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.
II. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) sind, worauf es allein ankommt, in der Person des Beklagten nicht erfüllt, weil es jedenfalls an der hinreichenden Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung fehlt.
1. Im Ergebnis zu Recht stellt das LG bei seiner Beurteilung auf den Zeitpunkt des Erlasses seines Urteils vom 16.3.2011 ab.
a) Die Beschwerde, über die hier zu entscheiden ist, richtet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 215 f.), mit dem der mit Schriftsatz vom 3.12.2010 (Bl. 150 f.) gestellte Antrag zurückgewiesen worden ist. Nicht hingegen ist Gegenstand des Beschwerde- und damit des anhängigen Prozesskostenhilfeverfahrens eine etwaige Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten des früheren Beklagten, der am 6.6.2009 verstorben ist. Sie war zwar Gegenstand des Prozesskostenhilfeverfahrens, das der mit Schriftsatz vom 17.4.2008 (Bl. 40) gestellte Antrag des früheren Beklagten auf Gewährung einleitete. Dieses Verfahren war aber, ohne dass über den Antrag des früheren Beklagten entschieden worden wäre, mit dem Tod des früheren Beklagten beendet und der Beklagte als dessen Erbe konnte es auch nicht fortführen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1995; OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1587). Auch eine nachträgliche Bewilligung zugunsten des früheren Beklagten kam nach dessen Tod nicht mehr in Betracht, selbst wenn, was möglich erscheint, das Gericht im vorliegenden Fall das Verfahren pflichtwidrig verzögert hätte (vgl. etwa OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1587 m.w.N., auch zur Gegenauffassung; Musielak/Fischer, ZPO, 8. Aufl., § 119 Rz. 15; Fischer, Rpfleger 2003, 637 [639]).
b) Allerdings konnte der Beklagte als Erbe hier einen neuen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen (vgl. etwa OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1995; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl., Rz. 520; Musielak/Fischer, a.a.O., § 119 Rz. 15), was mit Schriftsatz vom 3.12.2010 geschehen ist. Unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Umständen in einer solchen Situation die auf den Zeitpunkt der Antragstellung durch den Erblasser rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe möglich ist (hierzu etwa BSG, MDR 1988, 610 [611]; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 776; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rz. 520; Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 114 Rz. 53, § 119 Rz. 55; Fischer, Rpfleger 2003, 637 [638 f.]), ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Rechtsnachfolger, sofern, wie hier, im Zeitpunkt des Todes der Partei über ihr Gesuch um Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden war, nur dann möglich, wenn in der Person des Rechtsnachfolgers die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen und weiterhin Erfolgsaussicht besteht (Motzer in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 114 Rz. 53, § 119 Rz. 55; vgl. auch OLG Hamm, MDR 1977, 409; OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 240 [241]; OLG Brandenburg, FamRZ 2002, 1199 [1200]; Fischer, Rpfleger 2003, 637 [638 f.]). Das war demnach auch hier erforderlich, damit der Antrag des Beklagten Erfolg haben konnte bzw. kann.
c) Eine unbillige Härte für den Beklagten liegt hierin selbst für den Fall nicht, dass - was hier in Betracht kommen mag - im Zeitpunkt des Todes des früheren Beklagten über dessen Gesuch um Prozesskostenhilfe noch nicht entschieden war, weil das Gericht das Verfahren pflichtwidrig verzögert hatte, und die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in der Person des Verstorbenen zu einem früheren Zeitpunkt vorlag. Für den Beklagten bestand die Möglichkeit, von einer streitigen Fortführung des Rechtsstreits abzusehen (vgl....