Leitsatz (amtlich)
Wird der Antrag im Spruchverfahren zurückgenommen, ist als Geschäftswert der Mindestwert von 200.000 Euro festzusetzen.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 13.10.2003; Aktenzeichen 34 AktE 75/03 KfH) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 34. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 13.10.2003 – 34 AktE 75/03 KfH – wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerdeführerin begehrt die Änderung des Geschäftswertes im Spruchverfahren, der durch das LG auf 200.000 Euro festgesetzt wurde.
I. Die Hauptversammlung der A AG hat am 5.6.2003 beschlossen, dass die Aktien der Minderheitsaktionäre gem. § 327a AktG auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung übertragen werden.
Die Antragstellerin, eine Aktionärin, beantragte mit ihrem am 24.9.2003 beim LG eingegangenen Antrag eine höhere Festsetzung der Barabfindung. Das LG stellte den Antrag der Antragsgegnerin zu und gab der Antragstellerin auf nachzuweisen, dass der Hauptversammlungsbeschluss nach § 327a AktG wirksam ist. Die Antragstellerin nahm mit ihrem am 9.10.2003 beim LG eingegangenen Schriftsatz den Antrag zurück, weil die Antragsgegnerin bislang die Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nicht durchgeführt habe, und kündigte einen neuen Antrag nach Eintragung an. Das LG setzte am 13.10.2003 den Gegenstandswert nach § 15 Abs. 1 SpruchG auf 200.000 Euro fest und legte der Antragstellerin nach § 15 Abs. 2 SpruchG die Gerichtskosten auf. Mit ihrer am 22.10.2003 eingegangenen Beschwerde beantragt die Antragstellerin, in Abänderung dieses Beschlusses den Gegenstandswert auf 1.000 Euro festzusetzen. § 15 Abs. 1 SpruchG könne in einem Fall, in dem der Antrag sofort zurückgenommen werde, nicht zur Anwendung gelangen. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG sei der Betrag maßgebend, der nach der Entscheidung des Gerichts zusätzlich gefordert werden könne, nach § 15 Abs. 1 S. 3 SpruchG sei der Tag nach Ablauf der Antragsfrist für die Bestimmung des Wertes maßgeblich. Beide Voraussetzungen lägen nicht vor, so dass nach § 15 Abs. 1 S. 1 SpruchG die Vorschriften der KostO anwendbar seien. Damit sei der Betrag maßgebend, den die Antragstellerin zusätzlich fordern könne und der nicht höher als 1.000 Euro sei.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
I. Auf das Verfahren und das Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes vom 12.6.2003, BGBl. I, 838 (SpruchG), anwendbar. Der Antrag ging am 25.9.2003 ein. Für Anträge auf gerichtliche Bestimmung der Abfindung, die nach dem 31.8.2003 gestellt wurden, sind die Vorschriften des SpruchG auch anwendbar, wenn die Strukturmaßnahme vor In-Kraft-Treten des SpruchG beschlossen wurde. Nach § 17 Abs. 2 S. 1 SpruchG sind nur für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1.9.2003 gestellt worden ist, weiter die bisherigen Vorschriften des AktG anwendbar.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die Entscheidung des LG nach § 15 Abs. 1 SpruchG findet die Beschwerde nach § 31 Abs. 3 KostO statt. Nach § 15 Abs. 1 S. 1 SpruchG sind die Vorschriften der Kostenordnung für die Gerichtskosten anzuwenden, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. §§ 15 ff. SpruchG enthalten keine Regelungen über ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Geschäftswerts durch das Gericht. Die Bestimmung über die sofortige Beschwerde in § 12 SpruchG folgt § 15 Abs. 1 S. 1 SpruchG nicht nach und betrifft die Entscheidung in der Hauptsache. Dafür, dass auf die Kostenordnung nur ergänzend für die Bestimmung des Geschäftswerts und nicht auch für den dagegen eingelegten Rechtsbehelf verwiesen werden sollte, gibt es keinen Anhalt.
Die Beschwerde ist statthaft, weil die Antragstellerin durch den angefochtenen Beschluss beschwert ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 Euro übersteigt. Durch die Festsetzung des Geschäftswert im Spruchverfahren ist auch die Antragstellerin beschwert, da ihr nach § 15 Abs. 2 S. 2 SpruchG die Gerichtskosten auferlegt werden können, wie es hier geschehen ist. Die einfache Gebühr bei einem Geschäftswert von 200.000 Euro liegt mit 357 Euro über 50 Euro.
III. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das LG hat zurecht den Mindestwert nach § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG von 200.000 Euro festgesetzt.
IV. Das LG hatte den Geschäftswert festzusetzen, weil das eingeleitete Spruchverfahren mit der Antragsrücknahme beendet wurde. Da der Geschäftswert nach § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG vom Ergebnis des Verfahrens abhängt, kann er erst festgesetzt werden, wenn das Verfahren, hier mit der Rücknahme, beendet ist.
Eine Antragsrücknahme ist möglich. Es handelt sich um ein Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der zur Verfahrenseröffnung und -durchführung erforderliche Antrag kann in solchen Streitverfahren zurückgenommen werden und das gerichtliche Verfahren auch ohne Zustimmung der Antragsgegnerin dadurch grundsätzlich beendet werden (BayObLGZ 1973, 106 zum Verfahren nach § 306 AktG a.F.; vgl. auch BGH v. 29.10.1990 –...