Leitsatz (amtlich)
1. Zu den prozessualen Auswirkungen eines während eines deutschen Schiedsverfahren eröffneten schweizerischen Konkursverfahrens auf ein späteres Verfahren auf Vollstreckbarerklärung.
2. Zum richtigen Antragsgegner in einem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, wenn über das Vermögen des Schuldners ein schweizerisches Konkursverfahren eröffnet wurde und die Konkursmasse den Schiedsspruch betreffende Rechte nach Art. 260 SchKG abgetreten hat.
3. Zur Nebenintervention in einem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs.
Normenkette
ZPO § 1060
Tenor
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs des Einzelschiedsrichters Prof. Dr. W. vom 19.1.2011 wird verworfen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
3. Die für die Antragsgegnerin auftretenden Rechtsanwälte Sch ... & Partner werden als Prozessbevollmächtigte zurückgewiesen.
4. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 30.000.000 EUR.
Gründe
A. Die Antragstellerin (künftig Ast.) betreibt die Vollstreckbarerklärung eines zu ihren Gunsten ergangenen Schiedsspruchs (§ 1060 ZPO).
Die Ast. schloss am 30.6.1995 mit der "T. AG, Filiale L." einen Werkvertrag über die Errichtung einer Anlage zur thermischen Behandlung von Restmüll.
Die Ast. erhob am 30.12.2004 wegen behaupteter Fehlerhaftigkeit der Anlage auf Grundlage einer Schiedsvereinbarung eine Schiedsklage auf Wandelung gegen die Th. S. A., L. Das Schiedsverfahren ruhte zunächst, weil beide Parteien des Schiedsverfahrens die Wirksamkeit der Schiedsabrede bezweifelten und parallele Zivilklagen auf Wandelung (Az. 8 U 80/06) bzw. auf Restwerklohn (Az. 8 U 164/06) erhoben, die jedoch vom OLG K ... [Ortsname] am 5.6.2007 bzw. am 27.11.2007 als unzulässig abgewiesen wurden; über eine Nichtzulassungsbeschwerde der Th. S. A. im letztgenannten Verfahren hat der BGH noch nicht entschieden.
Am 5.10.2009 bestellte der Senat für das von den Parteien nunmehr weiter betriebene Schiedsverfahren Prof. Dr. W. zum Einzelschiedsrichter (Az. 1 Sch 3/07).
Am 29.10.2009 wurde in der Schweiz das Konkursverfahren über das Vermögen der Th. S. A. eröffnet.
Die Schiedsklagebegründung der Ast. vom 11.11.2009 wurde am 16.11.2009 zugestellt. Am 26.3.2010 teilte das Betreibungs- und Konkursamt L. mit, die erste Gläubigerversammlung habe beschlossen, auf einen Eintritt in das Schiedsverfahren zu verzichten. Zum ersten Termin der mündlichen Schiedsverhandlung am 21.7.2010 erschien nur die Ast., ebenso zum zweiten Termin am 15.9.2010. Das Betreibungs- und Konkursamt L. teilte anschließend mit, die zweite Gläubigerversammlung habe am 22.11.2010 den Verzicht auf einen Eintritt in das Schiedsverfahren bestätigt. Jedoch habe "The Go."(Establishment, Etablissement oder Anstalt: eine besondere Rechtsform, die in Li. [Ortsname] 1926 mit dem Personen- und Gesellschaftsrecht geschaffen wurde, und die es in dieser Ausprägung in ausländischen Rechtsordnungen nicht gibt.), Li. [Ortsname] - die Konkursgläubigerin ist, nachdem ihr die R. Investments Ltd., Britische Jungferninseln, eine Konkursforderung über 336.936 CHF abgetreten hat - beantragt, dass ihr das Recht, in das Schiedsverfahren einzutreten, gem. Art. 260 des schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (künftig: SchKG) "abgetreten" werde. Dagegen wehrte sich die Ast. mit Rechtsmitteln, die jedoch erfolglos blieben (Entscheidung der Konkursaufsichtsbehörde vom 2.2.2011; Entscheidung des Bundesgerichts vom 30.1.2012), so dass die Konkursverwaltung am 3.2.2011 auf dem sog. "Formular Nr. 7" bestätigte, dass "The Go." das Recht, in das Schiedsverfahren einzutreten, "abgetreten" sei.
Zuvor jedoch hatte der Schiedsrichter bereits am 19.1.2011 seinen Schiedsspruch verkündet, nachdem eine Frist zur Vorlage des "Formulars Nr. 7" bis 17.1.2011 ergebnislos verstrichen war. Der gegen die "Th. S. A. i.L., vertreten durch das Beitreibungs- und Konkursamt, dieses vertreten durch Herrn Avv. Pa ... B ... als Konkursbeamter" - also die hiesige Antragsgegnerin (künftig: Ag.) - gerichtete Schiedsspruch lautet:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Zustimmung zur Wandelung des Vertrags über die schlüsselfertige Errichtung einer T.-Anlage zur thermischen Abfallbehandlung für das Projekt K ... [Ortsname] vom 30.6.1995 nebst Ergänzungsvereinbarungen vom 27.2.1997 und 13.2.1998 zu erklären.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 109.237.510,42 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 26.11.2004 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr in Ausführung des Vertrags über die schlüsselfertige Errichtung einer T.-Anlage zur thermischen Abfallbehandlung für das Projekt K ... [Ortsname] vom 30.6.1995 nebst Ergänzungsvereinbarung vom 27.2.1997 und 13.2.1998 und gemäß der technischen Spezifikation vom Juni 1995 auf dem Grundstück in K ... [Ortsname] H ... [straße] XX, Flurstück 14XXX (Bl. 39819 des Grundbuchs...