Leitsatz (amtlich)

1. Zur Aufhebung eines deutschen Schiedsspruchs, in dem ein vermögensrechtlicher Anspruch zuerkannt wird, wenn zuvor über das Vermögen des Schuldners ein schweizerisches Konkursverfahren eröffnet wurde.

2. Ein Recht, Konkursforderungen in Deutschland separat zu verfolgen und zu vollstrecken, kommt dem Gläubiger nicht deshalb zu, weil er auf eine Teilnahme am schweizerischen Konkursverfahren verzichtet.

 

Normenkette

ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2b

 

Tenor

Nach Erledigung der Hauptsache trägt die Antragsgegnerin die Kosten des vorliegenden Aufhebungsverfahrens.

Streitwert:

Bis 15.2.2012 = 30.000.000 EUR, danach = bis 750.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten nach § 91a ZPO über die Kosten des Verfahrens.

Die Antragsgegnerin (Ag.) erhob am 30.1.2004 Schiedsklage gegen die T. S. A. Während des Schiedsverfahrens wurde am 29.10.2009 in der Schweiz das Konkursverfahren über das Vermögen der T. S. A. eröffnet. Die Konkursverwaltung teilte mit, die Gläubigerversammlung verzichte auf einen Eintritt in das Schiedsverfahren; jedoch habe die Antragstellerin (Ast.) als Konkursgläubigerin beantragt, dass ihr das Recht, in das Schiedsverfahren einzutreten, gem. Art. 260 des schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (künftig: SchKG) abgetreten werde. Dagegen wehrte sich die Ag. mit Rechtsmitteln, die jedoch erfolglos blieben, worauf die Konkursverwaltung am 3.2.2011 auf dem sog. "Formular Nr. 7" bestätigte, dass der Ast. das Recht, in das Schiedsverfahren einzutreten, abgetreten sei. Zuvor war jedoch bereits am 19.1.2011 der Schiedsspruch verkündet worden.

Die Ast. beantragte sodann im vorliegenden Verfahren, den - gegen die "T. S. A. i.L., vertreten durch das Betreibungs- und Konkursamt, dieses vertreten durch Herrn Avv. P ... B. als Konkursbeamter" ergangenen - Schiedsspruch aufzuheben. Sie rügte Verstöße gegen fundamentale Verfahrensnormen und grundlegende Prinzipien des schweizerischen Konkursrechts. Am 2.2.2012 bescheinigte die Konkursverwaltung der Ast., dass sie auch "zur Fortsetzung des gegen die Masse eingeleiteten Prozesses, der gegenwärtig Gegenstand des Verfahrens auf ... Aufhebung eines Schiedsspruchs (Verfahren 1 Sch 2/11) vor dem OLG Stuttgart ist, ausdrücklich ermächtigt" sei.

Im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 hatte die Ag. den gegenläufigen Antrag gestellt, den Schiedsspruch nach § 1060 ZPO für vollstreckbar zu erklären. Nachdem die Ag. versicherte, sie werde ihren Antrag auf Vollstreckbarerklärung im Parallelverfahren nicht zurücknehmen, erklärten die Parteien das vorliegende Verfahren übereinstimmend für erledigt und stellten wechselseitige Kostenanträge.

Im Übrigen wird auf den Beschluss im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 vom heutigen Tage und die in beiden Verfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nach § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

Maßstab der Entscheidung ist der aufgrund summarischer Prüfung zu prognostizierende Ausgang des Verfahrens ohne die Erledigung.

Danach sind die Kosten nach §§ 91a, 91 ZPO der Ag. aufzulegen, weil der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen vom 7.2.2012 (Ast., vgl. Bl. 325 der Akte) und 15.2.2012 (Ag., vgl. Bl. 327 der Akte) nach summarischer Prüfung erfolgreich gewesen wäre.

I. Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs war zulässig.

Dies beurteilt sich nach deutschem Verfahrensrecht (lex fori processus), ohne dass auf § 1025 Abs. 1 ZPO zurückzugreifen ist, denn das vorliegende Verfahren gehört nicht mehr zum schiedsrichterlichen Verfahren (vgl. Münch in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 1025 Rz. 13).

1. Der Senat war nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sachlich und örtlich für den Antrag auf Aufhebung des - inländischen - Schiedsspruchs zuständig (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1059 Rz. 1 und 1b).

2. Das Aufhebungsverfahren war und ist nicht unterbrochen.

Insoweit wird auf den Senatsbeschluss im Parallelverfahren 1 Sch 1/11 Bezug genommen.

3. Die Ast. ist prozessführungsbefugt.

Auch insoweit wird auf den Senatsbeschluss im Parallelverfahren Bezug genommen. Die dort auch diskutierte Frage, ob eine Prozessstandschaft auf der Passivseite nach dem - maßgeblichen (BGH, Urt. v. 24.2.1994 - VII ZR 34/93, NJW 1994, 2549, juris Rz. 11) - deutschen Verfahrensrecht zulässig ist, stellt sich indes vorliegend nicht, weil die nach Art. 260 SchKG prozessführungsbefugte Ast. auf der Aktivseite auftritt.

II. Der Antrag der Ast. auf Aufhebung des Schiedsspruchs wäre nach summarischer Prüfung begründet gewesen.

Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO ist ein Schiedsspruch aufzuheben, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.

Den für inländische Schiedssprüche maßgeblichen deutschen bzw. internen ordre public (vgl. BGH, Beschl. v. 2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge