Leitsatz (amtlich)

1. Stützt ein Aktionär seinen Beitritt als Nebenintervenient zu einem Rechtsstreit, in dem Schadensersatzansprüche gegen ein Organ der Aktiengesellschaft geltend gemacht werden, darauf, dass er als Teil einer Minderheit gem. § 147 Abs. 1 AktG die Geltendmachung der Ersatzansprüche verlangt habe und deshalb dem Risiko einer Kostenerstattung nach § 147 Abs. 4 AktG ausgesetzt sei, so bestimmt sich der Streitwert bezüglich dieser Nebenintervention nicht nach dem Wert des Ersatzanspruchs, sondern nach dem Kosteninteresse.

2. Schließen die Hauptparteien einen Vergleich, in dem sie die Kosten des Rechtsstreits untereinander aufheben und sind Nebenintervenienten der Parteien am Vergleich nicht beteiligt, so sind die durch die jeweilige Nebenintervention entstandenen Kosten zur Hälfte dem Nebenintervenienten und dem Gegner der unterstützten Hauptpartei aufzuerlegen.

 

Normenkette

ZPO §§ 98, 101 Abs. 1; AktG § 147 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 4 KfH O 80/98)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.07.2003; Aktenzeichen II ZB 15/02)

 

Tenor

I. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

1. Für die Gerichtsgebühren sowie die Anwaltsgebühren auf Seiten des Klägers, des Beklagten sowie der Nebenintervenienten Dr. C. und Dipl.-Ing. B.:

a) Erste Instanz:

aa) Für die vor Eingang des Schriftsatzes vom 26.8.1999 angefallenen Gebühren: Bis zu 12,4 Mio. DM.

bb) Für die danach angefallenen Gebühren: Bis zu 11,1 Mio. DM.

b) Zweite Instanz: Bis zu 12,3 Mio. DM.

2. Für die Anwaltsgebühren auf Seiten des Nebenintervenienten P.:

a) Erste Instanz: Bis zu 1.550.000 DM.

b) Zweite Instanz: Bis zu 500.000 DM.

II. 1. Die durch die Nebenintervention des Nebenintervenienten P. entstandenen Kosten werden zur Hälfte von diesem und zur Hälfte vom Beklagten getragen.

Die durch die Nebenintervention des Nebenintervenienten Dr. C. entstandenen Kosten werden zur Hälfte von diesem und zur Hälfte vom Kläger getragen.

Die durch die Nebenintervention des Nebenintervenienten Dipl.-Ing. B. entstandenen Kosten werden zur Hälfte von diesem und zur Hälfte vom Kläger getragen.

2. Insoweit wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Gründe

I. Sachverhalt

1. Der Beklagte wurde in seiner Eigenschaft als früheres Aufsichtsratsmitglied der A. AG auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten als Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks im Jahr 1990 in Anspruch genommen; Kläger war zuletzt der Konkursverwalter der A. AG. Das Grundstück war im Dezember 1990 zum Kaufpreis von 14 Mio. DM an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts veräußert worden, an der auch der Beklagte beteiligt war. Klägerseits wurde die Auffassung vertreten, das Grundstück sei unter Wert veräußert worden, wofür der Beklagte haften müsse. Im Rechtsstreit war u.a. umstritten, welche Bedeutung mehrere vom Sachverständigen Dipl.-Ing. B. erstellte Verkehrswertgutachten hatten und ob diese Gutachten richtig waren.

Der Schadensersatzanspruch wurde zunächst i.H.v. 5 Mio. DM – später erhöht auf 9 Mio. DM und um Feststellungsanträge – im Mahnverfahren von einem besonderen Vertreter geltend gemacht, der vom AG Nürtingen auf Antrag des Aktionärs P. und eines weiteren Aktionärs gem. § 147 AktG zur Geltendmachung des Anspruchs in diesem Umfang bestellt worden war, nachdem zuvor eine Minderheit unter Beteiligung des Aktionärs P. gem. § 147 Abs. 1 AktG diese Geltendmachung in der Hauptversammlung verlangt hatte (Beschluss vom 14.10.1993, AG 1995, 287 = DB 1994, 1230 = ZIP 1994, 785; Bl. I 16 ff.). Nach Widerspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid vom 28.12.1993 (vgl. Bl. I 1 ff.) und Übergang ins streitige Verfahren hat der Aktionär P. mit Schriftsatz vom 25.4.1994 seinen Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten des Klägers erklärt und zur Begründung ausgeführt, seine Berechtigung zum Beitritt ergebe sich aus seiner Haftung nach § 147 Abs. 4 AktG für die Kosten der Rechtsverfolgung im Falle des Unterliegens der Gesellschaft (Bl. I 80 f.).

Der Beklagte verkündete jeweils mit Schriftsatz vom 26.7.1995 u.a. den fünf weiteren Aufsichtsratsmitgliedern, darunter Rechtsanwalt Dr. C., den Streit. Zur Begründung führte er jeweils aus, die fraglichen Aufsichtsratsbeschlüsse seien einstimmig gefasst worden, so dass die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft gesamtschuldnerisch haften würden; daraus ergebe sich ein Rückgriffsanspruch des Beklagten gegen das jeweilige Aufsichtsratsmitglied (Bl. III 542 ff.; zu Rechtsanwalt Dr. C. Bl. III 550). Von diesen Streitverkündeten trat das Aufsichtsratsmitglied Rechtsanwalt Dr. C. dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten bei (Schriftsatz v. 14.8.1995, Bl. III 586).

Die Klage wurde mit Schriftsatz v. 18.12.1995 um 4 Mio. DM auf einen Zahlungsbetrag von insgesamt 9 Mio. DM erweitert mit der Begründung, dass auch bezüglich der Klageerweiterung um 4 Mio. DM ein Minderheitsverlangen gem. § 147 AktG vorliege, dem der Vorstand nachkomme, und dass wenigstens ein Schaden von 9 Mio. DM eingetreten sei (Bl. IV 745 ff.).

Mit Schriftsatz vom 19.12.1...

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