Leitsatz (amtlich)
Ordnet das Familiengericht in einem Sorgerechts-Entziehungsverfahren an, dass die nach § 50 FGG bestellte Vefahrenspflegerin auch nach der verfahrensabschließenden Entscheidung noch im Interesse des Kindes tätig sein soll (hier: Mitwirkung bei der Suche nach einem geeigneten Heim), ist dieser weitere Zeitaufwand vergütungspflichtig.
Normenkette
FGG § 50
Verfahrensgang
AG Böblingen (Aktenzeichen 14 F 258/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Vefahrenspflegerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin beim AG Böblingen vom 21.10.1999 dahin abgeändert, dass der Verfahrenspflegerin eine (weitere) Vergütung i.H.v. 772,80 DM, zu zahlen aus der Staatskasse, zuerkannt wird.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.
Gründe
1. Das Kreisjugendamt hat beim FamG beantragt, Maßnahmen nach § 1666 BGB ggü. dem (allein sorgeberechtigten) Vater wegen massiver Gefährdung des Kindeswohls zu ergreifen. Das FamG hat unverzüglich durch Beschluss vom 8.3.1999 die nunmehrige Beschwerdeführerin zur Verfahrenspflegerin nach § 50 FGG bestellt. In der mündlichen Verhandlung vom 6.4.1999 (Bl. 26–28 d.A.) – auf deren Grundlage das FamG durch Beschluss vom 8.4.1999 dem Vater das Sorgerecht entzogen und Vormundschaft des Kreisjugendamts angeordnet hat (Bl. 29–35 d.A.) – ist eingehend erörtert worden, dass das Kind zunächst noch in der Pflegefamilie bleiben wird, „bis eine Einrichtung gefunden worden ist, in der N. die von der Ärztin Dr. …. vorgeschlagene Betreuung erfahren kann. N. selbst und die Verfahrenspflegerin sollen in die Suche einer solchen Einrichtung miteinbezogen werden”.
Nachdem die von der Verfahrenspflegerin beantragte Vergütung für ihre Tätigkeit bis zum Gerichtstermin i.H.v. 990 DM nebst 101,92 DM Fahrtkosten durch Rechtspflegerbeschluss vom 13.4.1999 zuerkannt war, hat die Verfahrenspflegerin mit Antrag vom 8./15.6.1999 eine weitere Vergütung i.H.v. 700 DM zzgl. 72,80 DM Fahrtkosten für ihre weitere Tätigkeit vom 12.4 bis 12.5.1999 beantragt. Der zuständige Bezirksrevisor ist einer weiteren Vergütungsfestsetzung entgegengetreten. Die Rechtspflegerin hat durch Beschluss vom 21.10.1999 (Bl. 56–57 d.A.) diesen Antrag auf weitere Vergütung zurückgewiesen mit der Begründung, ihre Bestellung habe mit der abschließenden Entscheidung des FamG vom 8.4.1999 geendet.
Dagegen wendet sich die Verfahrenspflegerin mit der Beschwerde vom 27.10.1999, mit der sie insb. geltend macht, nach § 50 Abs. 4 FGG ende ihre Bestellung erst mit Rechtskraft der amtsrichterlichen Sorgerechtsentscheidung, die hier erst nach dem 12.5.1999 eingetreten sei. Die Rechtspflegerin hat die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Bezirksrevisor ist entgegengetreten.
2. Das Rechtsmittel der Verfahrenspflegerin ist als sofortige Beschwerde zulässig; der vorausgesetzte Beschwerdewert von 300 DM ist überschritten (§ 50 Abs. 5 i.V.m. §§ 67 Abs. 3 S. 3, 56g Abs. 5 FGG).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
a) Nach § 50 Abs. 4 Nr. 1 FGG endet die – in diesem Fall nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 FGG regelmäßig erforderliche – Verfahrenspflegerbestellung mit Rechtskraft der verfahrensabschließenden Entscheidung. Während früher derartige Sorgerechtsentscheidungen des VormG mit der unbefristeten Beschwerde anfechtbar waren und nicht in Rechtskraft erwuchsen, hat das am 1.7.1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz eine Änderung der Rechtslage gebracht dahin, dass die vom FamG zu entscheidenden Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit der befristeten Beschwerde nach § 621e Abs. 1 ZPO anfechtbar sind, wobei eine Beschwerdefrist von einem Monat maßgeblich ist (§ 621e Abs. 3 S. 2 ZPO). Da hier die Verfahrenspflegerbestellung nicht vorzeitig aufgehoben worden ist, ist die Rechtskraft im Hinblick auf das Zustellungsdatum vom 14.4.1999 am 15.5.1999 eingetreten.
b) Es bedarf hier keiner allgemeinen Entscheidung, welche vergütungspflichtigen Tätigkeiten eine Verfahrenspflegerin in dieser einmonatigen Beschwerdefrist zugunsten des von ihr vertretenen Kindes noch durchführen darf (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293 [zu LS 4]; OLG Schleswig, FamRZ 2000, 1048 [zu LS 3]). Denn im vorliegenden Fall hat die Verfahrenspflegerin ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 6.4.1999 ausdrücklich den richterlichen Auftrag erhalten, im Rahmen ihrer Verfahrenspflegschaft bei der Auswahl der therapeutischen Einrichtung für das Kind mitzuwirken. Entgegen der vom Bezirksrevisor vertretenen Ansicht handelt es sich bei dieser Protokollnotiz nicht lediglich um die „persönliche Auffassung eines anderen Beteiligten”, sondern um eine gerichtliche Festlegung, wie das am Wohl des Kindes auszurichtende Verfahren weitergeführt werden soll. Dem entspricht es, dass der Familienrichter auf dem ergänzenden Vergütungsantrag der Verfahrenspflegerin ausdrücklich vermerkt hat (Bl. 18 d.A.): „Bestimmungsgemäße Auszahlung wird angeordnet.”
Wie die näheren Ausführungen der Verfahrenspflegerin in ...