Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwandsentschädigung für Pflegepersonen nach § 1630 Abs. 3 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Pflegepersonen, denen nach § 1630 Abs. 3 BGB Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden, haben einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB. Eine Bestallung zum Pfleger bedarf es hierzu nicht.
2. Die Entschädigung ist vom FamG nach § 56g FGG festzusetzen. Dessen örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach §§ 43, 36 FGG, wobei die Vergütungsfestsetzung eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 43 Abs. 1 2. HS FGG ist.
Normenkette
BGB § 1630 Abs. 3, §§ 1915, § 1835 ff.; FGG §§ 36, 43 Abs. 1, §§ 56g, 64 Abs. 3; ZPO § 621a
Verfahrensgang
AG Nagold (Beschluss vom 28.09.2005; Aktenzeichen F 185/2000 UG) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Rechtspflegers des AG - FamG - Nagold vom 28.9.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen die mit der Zurückweisung ihrer sofortigen Beschwerde angefallene halbe Gerichtsgebühr. Für eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten gibt es keine Veranlassung.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 646 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seit 30.1.1998 Pflegeeltern von M. und T. Deren Mutter D.S. ist personensorgeberechtigt. In dem Verfahren wegen einer Umgangsregelung der Mutter D.S. zu ihren Söhnen vor dem AG - FamG - Nagold, AZ: F 185/2000 UG, wurde durch Beschl. v. 12.5.2003 gem. § 1630 Abs. 3 BGB mit Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter die elterliche Sorge betreffend Aufenthaltsbestimmungsrecht, Recht der Gesundheitsfürsorge, Recht zur Bestimmung von schulischen Angelegenheiten, ergänzt durch Beschl. v. 21.5.2003 um das Recht auf Antragstellung von öffentlichen Hilfen, auf die Pflegeeltern M. und H.D. übertragen. Bereits während dieses Verfahrens waren die Pflegeeltern mit den Kindern nach Bielefeld verzogen.
Mit Schreiben vom 27.4.2005 beantragten die Beteiligten zu 1) und 2) jeweils einzeln für beide Kinder beim AG - FamG - Nagold für die Zeit vom 12.5.2004 bis 12.5.2005 die Zahlung einer Aufwandsentschädigung wegen der Übernahme der Pflegschaft der beiden Kinder.
Nachdem sich das AG - FamG - Nagold und das Landratsamt Nagold für unzuständig hielten, übersandte der Rechtspfleger des AG - FamG - Nagold die Anträge zuständigkeitshalber gem. § 36 FGG an das AG - VormG - Bielefeld, das nach Einholung von Stellungnahmen des Bezirksrevisors beim LG Bielefeld, wonach für die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung durch den Justizfiskus eine Rechtsgrundlage fehle, die Akten an das AG - VormG - Nagold zurücksandte, weil eine Pflegschaft im Sinn des Vormundschaftsrechts nicht vorliege. Sodann wies der Rechtspfleger des AG - FamG - Nagold mit Beschl. v. 28.9.2005 die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) auf Bewilligung einer Aufwandspauschale kostenpflichtig zurück, weil durch die Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge die Beteiligten zu 1) und 2) nicht Pfleger im Sinn des Vormundschaftsrechts geworden seien und deshalb eine Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung mangels Rechtsgrundlage nicht möglich sei.
Gegen den am 5.10.2005 zugestellten Beschluss haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 18.10.2005 Rechtsmittel eingelegt. Die Beteiligten zu 1) und 2) seien Pfleger i.S.d. Vormundschaftsrechts geworden. § 1630 Abs. 3 BGB verweise ausdrücklich auf die vormundschaftsrechtlichen Vorschriften. Der Erhalt von Pflegegeld nach §§ 33, 39 SGB VIII stehe einem Aufwendungsersatz nach § 1835a BGB nicht entgegen.
Mit Verfügung vom 3.11.2005 hat der Rechtspfleger des AG Nagold die Akten ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Gegen den Beschluss des Rechtspflegers des AG - FamG - Nagold vom 28.9.2005 ist die sofortige Beschwerde statthaft, die hier in zulässiger Weise, insb. fristgerecht, eingelegt wurde. Anlass der Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) auf Bewilligung einer Aufwandsentschädigung war die Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge gem. § 1630 Abs. 3 BGB. Nachdem es sich dabei nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621a Abs. 1 S. 1 ZPO um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, ist auch die Frage, ob den Beteiligten zu 1) und 2) aufgrund der Erledigung der übertragenen Angelegenheit und der elterlichen Sorge eine Aufwandsentschädigung zusteht, gem. § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu klären.
Mit ihrem Antrag machen die Beteiligten zu 1) und 2) eine Aufwandsentschädigung nach § 1835a Abs. 3 BGB gegen die Staatskasse geltend. Für Entscheidungen über solche Aufwandsentschädigungen gilt § 56g Abs. 5 FGG, hier i.V.m. § 64 Abs. 3 S. 2 FGG. Für Entscheidungen über Aufwendungsersatz und Vergütungen sieht § 56g Abs. 5 S. 1 FGG die sofortige Beschwerde vor, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 150 EUR übersteigt oder das Gericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zulässt. § 621e ZPO kommt nicht zur Anwendung, weil eine Entscheidung über die Aufwandsentschä...