Verfahrensgang
LG Ravensburg (Aktenzeichen 4 T 45/17) |
AG Biberach (Aktenzeichen BHG 789/16) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 03.07.2017, Az. 4 T 45/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Vergütung für insolvenzrechtliche Beratungshilfe.
Mit Berechtigungsschein vom 29.11.2016 wurde der im Rubrum genannten Antragstellerin Beratungshilfe für "Außergerichtliche Schuldenbereinigung auf Grundlage eines Plans gem. § 305 InsO" bewilligt.
Unter dem 05.04.2017 rechnete der Vergütungsantragsteller seine Vergütung in Höhe von EUR 345,10 EUR brutto ab und nahm zur Begründung seines Antrags auf den mit den Gläubigern geführten Schriftverkehr sowie den von ihm entworfenen Schuldenbereinigungsplan vom 03.04.2017 Bezug.
Das Amtsgericht setzte die Vergütung auf 99,96 EUR fest und hielt dabei lediglich eine Beratungsgebühr gem. Nr. 2502 VV RVG für verdient. Die erhöhte Geschäftsgebühr nach Nrn. 2504ff. VV RVG falle bei einem "Nullplan" nicht an. Die Erinnerung des Vergütungsantragstellers wies das Amtsgericht mit Blick auf die Entscheidung des Senats vom 28.01.2014 (8 W 35/14) zurück.
Auf die Beschwerde des Vergütungsantragstellers setzte das Landgericht mit Beschluss vom 03.07.2017 die Vergütung in beantragter Höhe fest und ließ die weitere Beschwerde zu. Die Gebühr gem. Nr. 2504 VV RVG hielt es dabei für festsetzungsfähig.
Gegen diese ihr am 10.07.2017 zugestellte Entscheidung wendet sich die Staatskasse mit ihrer am 11.07.2017 bei dem Landgericht eingegangen weiteren Beschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Festsetzung erstrebt. Zur Begründung wird ausgeführt, die erstinstanzliche Entscheidung folge der Rechtsprechung des Senats und sei daher nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde mit Beschluss vom 12.07.2017 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Vor dem Senat bestand Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 und Abs. 3 statthaft, wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist auch im Übrigen zulässig. Der Senat ist an die Zulassung gebunden (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 4 Satz 4 RVG). Zur Entscheidung berufen ist der vollbesetzte Zivilsenat (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 1 2. Halbs. RVG), nachdem auch die Beschwerdekammer des Landgerichts in voller Besetzung entschieden hat.
Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; §§ 546, 547 ZPO gelten entsprechend (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz RVG). Mit dieser Maßgabe hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, vielmehr wurde Nr. 2504 VV RVG richtig angewendet.
Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Vergütungsvorschrift Nr. 2504 VV RVG sei ihrem Wortlaut nach einschlägig. Auch systematische Überlegungen sprächen für ihre Anwendung auf Nullpan-Fälle. Schließlich sei zu bedenken, dass die Festsetzungsbeamten, die die Vergütungsvorschriften anwenden müssen, handhabbare Kriterien benötigen.
1. Zwar können sich das Amtsgericht und die Staatskasse auf die Rechtsprechung des Senats zu den Beratungshilfegebühren bei so genannten Nullplänen berufen, mit der der Senat "starre Nullpläne" (Beschl. v. 13.11.2012, 8 W 399/12) und "flexible Nullpläne ohne Befriedigungsperspektive" (Beschl. v. 29.01.2014, 8 W 435/13) für nicht vergütungsfähig im Sinne von Nr. 2504 VV RVG gehalten hat. Die im Beschluss vom 12.09.2016 (8 W 291/16) vorgesehene Ausnahme eines "Fast-Nullplans" ist hier nicht einschlägig. Von diesem Rechtsstandpunkt ausgehend, wäre vorliegend die erhöhte Vergütung nach Nr. 2504 VV RVG in der Tat - mangels Befriedigungsperspektive - nicht festzusetzen gewesen.
2. Diese Entscheidungen des Senats (ähnlich OLG Bamberg, Beschl. v. 06.08.2010, 4 W 48/10) haben sowohl in der Rechtsprechung (OLG Köln, Beschl. v. 13.07.2016, 17 W 85/16; OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.11.2016, 8 Wx 698/16; auch das Landgericht in der hier gegenständlichen Beschwerdeentscheidung) als auch in der Literatur (bspw. Wozniak, juris-PR-InsR, Anm. 5; Knerr, ZInsO 2015, 208) Kritik erfahren.
Ausgehend von dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2013 (IX ZB 97/12), nach dem auch ein Nullplan oder Fast-Nullplan Grundlage einer Schuldenbereinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO sein kann, werden Wortlaut- und systematische Argumente vorgebracht, um zu begründen, dass auch der Nullplan vergütungsfähig im Sinne von Nr. 2504 VV RVG sei. Darüber hinaus wird eingewandt, die Differenzierungen (nach starren und flexiblen Nullplänen, bzw. nach vorhandener oder fehlender Befriedigungsperspektive) seien im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht praktikabel.
3. Der Senat hält nach erneuter Prüfung und Abwägung der Argumente an seiner o. g. Rec...