Leitsatz (amtlich)
Handelsregisterrecht: Durch die Liberalisierung des Firmenrechts kann von einer wesentlichen Irreführung i.S.d. § 18 Abs. 2 S. 1 HGB bei einer Sachfirma nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil sie den Unternehmensgegenstand für Dritte nicht erkennen lässt. Selbst das Abstellen auf den Tätigkeitsbereich bedarf einer großzügigen Beurteilung. Denn die Grenzen zur Fantasiefirma sind fließend, nachdem eine Firma nicht nur als Sach- und Personenfirma gebildet werden kann, sondern auch als Fantasiefirma sowie als Kombination aus diesen Möglichkeiten. § 18 Abs. 2 S. 2 HGB hat zudem eine deutliche Verminderung des Prüfungsaufwandes des Registergerichts im Eintragungsverfahren bewirkt. Zu berücksichtigen hat es nur noch eine "ersichtliche" Irreführung. Seine Prüfungsintensität ist damit auf ein "Grobraster" reduziert.
Normenkette
HGB § 18 Abs. 2; GmbHG § 4
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Aktenzeichen HRB 738529) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung vom 8.12.2011 bzw. 17.1.2012 des AG Stuttgart - Registergericht -, HRB 738529, aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Behandlung der Anmeldung der Firmenänderung zur Eintragung in das Handelsregister vom 23.11.2011 (Urkundenrolle Nr. 3832/2011 J des Notars ..., Stuttgart) unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats an das AG - Registergericht - Stuttgart zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenentscheidung im Übrigen ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Die im Handelsregister Stuttgart unter der Firma "... USA International Verwaltungs GmbH" eingetragene Antragstellerin hat die Eintragung der Firmenänderung in "... Solar USA International GmbH" in das Handelsregister am 23.11.2011, Eingang beim Registergericht am 30.11.2011, angemeldet.
Der Gegenstand des Unternehmens ist in § 2 des Gesellschaftsvertrags angegeben mit:
"1. Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist die Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen im eigenen Vermögen an Unternehmen aller Art im In- und Ausland sowie die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung für solche Unternehmen.
2. ..."
Die ... Solar Gruppe möchte ihre sämtlichen Beteiligungen an ausländischen Unternehmen, insbesondere an Unternehmen der Solarbranche, in deutsche Holding-Gesellschaften einbringen. Diese sollen neu gegründet und schon bestehende Unternehmen umfirmiert werden, wie vorliegend zur Eintragung angemeldet.
Insoweit wurden bereits im Handelsregister des AG Stuttgart eingetragen die "... Solar Australien International GmbH" am 14.11.2011 (Neueintragung), die "... Solar Griechenland International GmbH" am 1.12.2011 (Firmenänderung) und die "... Solar Österreich International GmbH" am 22.11.2011 (Neueintragung). Sitz der Gesellschaften ist jeweils ... und Geschäftsführer ... Der Gegenstand der drei Unternehmen ist identisch mit dem zuvor zitierten der hier zu beurteilenden Registeranmeldung.
Die für diese zuständige Rechtspflegerin des Registergerichts Stuttgart hat - entgegen der vorherigen Handhabung - mit Zwischenverfügung vom 8.12.2011 bzw. 17.1.2012 unter Nachfristsetzung bis 17.2.2012 beanstandet, dass die beabsichtigte Firmierung zur Irreführung geeignet sei. Nach dem Unternehmensgegenstand handle es sich um eine reine Verwaltungsgesellschaft, eine Tätigkeit in der Solarbranche sei nicht gegeben.
Hiergegen hat die Antragstellerin durch den bevollmächtigten Notar am 16.2.2012 Beschwerde eingelegt, auf deren Begründung im einzelnen verwiesen wird.
Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akte mit Beschluss vom 1.3.2012 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Sie beruft sich u.a. auf die Stellungnahme der IHK Region Stuttgart, Bezirkskammer Böblingen, vom 17.2.2012. Eine gegenteilige Äußerung der IHK Region Stuttgart vom 2.9.2011 befindet sich ebenfalls in den Akten. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Darlegung der Auffassung der Rechtspflegerin in dem Nichtabhilfe-/Vorlagebeschluss.
II.1. Die befristete Beschwerde ist statthaft (§§ 374 Nr. 1, 382 Abs. 4, 58 Abs. 1 FamFG) und wurde form- und fristgerecht gem. §§ 58 ff. FamFG erhoben. Die Beschwerdeberechtigung der beteiligten Gesellschaft, in deren Namen und mit deren Vollmacht der Notar das Rechtsmittel eingelegt hat, ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über die geschäftlichen Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Dabei wurde durch das Handelsrechtsreformgesetz eine weitgehende Änderung und Liberalisierung des früher geltenden veralteten Firmenrechts eingeführt und darüber hinaus durch § 18 Abs. 2 S. 2 HGB eine deutliche Verminderung des Prüfungsaufwandes des Registergerichts im Eintragungsverfahren bewirkt. Dieses hat nur noch eine "ersichtliche" Irreführung zu berücksichtigen. Hierdurch soll die Prüfungsintensität auf ein "Grobraster" reduziert werden (OLG Stuttgart/Senat Justiz 2000, 126, u...