Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkbeitragssatzung: Rechtmäßigkeit des Ausschlusses von Barzahlungen
Leitsatz (amtlich)
Gläubigerverzug liegt nicht vor, da die Beitragsschuldnerin die geschuldeten Rundfunkbeiträge durch das Angebot der Hinterlegung nicht in der "richtigen" Form angeboten hat, da der "...rundfunk" gemäß § 10 seiner Satzung, die er in Erfüllung seines öffentlichen Auftrags und ermächtigt durch § 9 Abs. 1 und 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags erlassen hat, berechtigt ist, die Beitragszahlungen, also öffentlich-rechtliche Forderungen, nur in Form von Buchgeld anzunehmen und Barzahlungen auszuschließen.
Normenkette
BGB §§ 293-295, 372 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Reutlingen (Beschluss vom 01.08.2016; Aktenzeichen HL 66/16) |
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. September 2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Reutlingen vom 01.08.2016 - HL 66/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Geschäftswert wird auf 60,98.- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Reutlingen am 01.08.2016 die Annahme der Hinterlegung von 60,98.- EUR durch die Antragstellerin zurückgewiesen, da die gesetzlichen Voraussetzungen der Hinterlegung, insbesondere Gläubigerverzug, nicht gegeben seien.
Die Antragstellerin, die aus Art. 128 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und § 14 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (BBankG) für sich das Recht ableitet, entgegen § 10 der Satzung des ...rundfunks (...) die Rundfunkbeiträge in bar entrichten zu können, und den ...rundfunk deshalb im Annahmeverzug sieht, hat dagegen am 14.09.2016 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Der oben genannte Betrag befindet sich in vorläufiger Verwahrung bei der ...kasse (...).
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, §§ 23, 24, 25, 26 EGGVG, aber nicht begründet.
II. 1. Gläubigerverzug, §§ 293, 294, 295 BGB, liegt nicht vor, da die Beitragsschuldnerin die Leistung nicht in der "richtigen" Form angeboten hat. Damit sind die Voraussetzungen der Hinterlegung, § 372 Abs. 1 BGB, nicht gegeben und das Amtsgericht hat die Hinterlegung zu Recht zurückgewiesen.
Zwar ist einem Schuldner grundsätzlich die Art der Übermittlung geschuldeten Geldes freigestellt, soweit es nicht eine ausdrückliche oder konkludente Absprache über die Zahlung durch Bargeld, Buchgeld oder elektronisches Geld gibt (Staudinger / Bittner, 2014, § 270 Rn. 15), so dass er auch die Barzahlung wählen kann und der Gläubiger am Erfüllungsort zur Annahme gegenwärtig oder vertreten sein muss (BGH Urt. v. 28.07.2015 - XI ZR 434/14. Rn 39; Staudinger / Löhnig, 2016, § 2039 Rn. 19).
Vorliegend besteht auch keine abweichende Vereinbarung.
Allerdings ist der ...rundfunk gemäß § 10 seiner Satzung, die er in Erfüllung seines öffentlich-rechtlichen Auftrags und ermächtigt durch § 9 Abs. 1 und 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) erlassen hat, berechtigt, die Beitragszahlungen, also öffentliche-rechtliche Forderungen, nur in Form von Buchgeld anzunehmen und Barzahlungen auszuschließen.
2. Diese Satzungsreglung verstößt nicht gegen übergeordnetes Recht.
So regeln Art. 128 AEVU und § 14 BBankG jeweils das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten zu regeln rsp. diese auszugeben. Solche Banknoten werden als die einzigen unbeschränkten Zahlungsmittel bezeichnet. Damit soll aber nicht etwa eine Erfüllung von Forderungen durch Überweisungen verboten oder auch nur ein Vorrang von Barzahlungen begründet werden, sondern die beiden Reglungen grenzen die Euro-Banknoten gegen andere Währungen sowie gegen Euro-Münzen ab.
Nichts anderes folgt - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - aus der Empfehlung der Kommission vom 22. März 2010 (2010/191/EU) über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliche Zahlungsmittel. Denn diese Empfehlung, die einer gesetzlichen Reglung ohnehin nicht gleichkommt, sondern gem. Art. 228 AEUV unverbindlich ist, beschäftigt sich nicht mit dem Verhältnis von Bar- und Buchgeld, sondern ausschließlich mit dem Status des gesetzlichen Zahlungsmittels und lässt selbst dort Ausnahmen von der Annahmepflicht bei Barzahlungen in bestimmten Fällen (1. a vs. 2. und 3.) zu. Des Weiteren wurde diese Empfehlung gerade nicht in eine rechtlich verbindliche Form überführt.
Auch die amtliche Begründung zu § 10 des Entwurfes eines Gesetzes über die Deutsche Bundesbank (Bundestagdrucksache 2/2781, S. 6 und 34) vom 18.10.1956 beschäftigt sich nicht mit dem Spannungsverhältnis von Bar- und Buchgeld, sondern ausschließlich mit der unterschiedlichen Annahmepflicht bei Münzen und Banknoten und der zentralen Zuständigkeit der Bundesbank.
Diese Reglungen stehen somit - entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin - nicht im Widerspruch zu der Satzungsbestimmung des ...rundfunks in § 10, womit auch eine Kollision mit Art. 31 Grundgesetz (Bundesrecht bricht Landesrecht) nicht gegeben ...