Verfahrensgang
LG Ellwangen (Beschluss vom 29.12.2022; Aktenzeichen 4 O 430/20) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 29.12.2022, Az. 4 O 430/20, abgeändert:
Gegen die Schuldnerin wird wegen Nichtvornahme der ihr aufgrund des Teil-Urteils der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 02.07.2021 (Az. 4 O 430/20) obliegenden Pflichten
- zur Erteilung von Auskunft durch notariell beurkundetes Verzeichnis über den Bestand des Nachlasses der am 12.08.2020 verstorbenen I. F. (Urteilstenor Ziffer 1),
- zur Erteilung von Auskunft durch notariell beurkundetes Verzeichnis über den Bestand des Nachlasses des am 25.12.2016 verstorbenen W. F. (Urteilstenor Ziffer 2, Halbsatz 1) sowie
- zur Ermittlung des Werts des Grundstücks O-Weg 5, B., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Heilbronn für B., Gemarkung B. Blatt..., BV 2, Flurstück..., durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Urteilstenor Ziffer 2, Halbsatz 2)
ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 EUR festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 1.000 EUR Tag ein Tag Zwangshaft angeordnet.
2. Die Kosten des Zwangsvollstreckungs- und des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die gemäß § 793 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Gläubigers hat in der Sache Erfolg.
Der Antrag des Gläubigers ist insgesamt begründet. Gegen die Schuldnerin war gemäß § 888 ZPO ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, zu verhängen.
1. Die Schuldnerin konnte sich weder erstinstanzlich noch nach dem letzten Verfahrensstand im Beschwerdeverfahren mit Erfolg darauf berufen, sie habe alles in ihrer Macht zur Erfüllung der sie gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB treffenden Auskunftsverpflichtung durch Vorlage von notariell beurkundeten Verzeichnissen betreffend die Nachlässe der beiden Erblasser I. und W. F. getan.
a. Eine - wie hier - unvertretbare Handlung, die der Mitwirkung eines Dritten (im Streitfall: des Notars) bedarf, kann dann nach § 888 ZPO vollstreckt werden, wenn nur der Wille des Schuldners zu beugen ist. Die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO setzt voraus, dass die vorzunehmende Handlung ausschließlich von dem Willen des Verpflichteten abhängt. Hieran fehlt es, wenn die Handlung dem Verpflichteten unmöglich ist oder wenn sie von einem dem Einfluss des Verpflichteten entzogenen Willen abhängt, gleichgültig, ob dies auf einem Verschulden des Verpflichteten beruht oder nicht. Die Festsetzung eines Zwangsmittels wegen Nichtvornahme einer unvertretbaren Handlung setzt voraus, dass der Schuldner zu ihrer Vornahme tatsächlich in der Lage ist. Danach scheidet die Festsetzung eines Zwangsmittels gemäß § 888 Abs. 1 ZPO aus, wenn der Schuldner die geschuldete Handlung nicht vornehmen kann, und zwar auch dann, wenn er sein Unvermögen schuldhaft herbeigeführt hat (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. August 2009 - 12 W 1364/09 -, Rn. 16, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 3 W 59/15 -, Rn. 11, juris). Der Schuldner ist jedoch im Vollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO in Fällen, in denen die Möglichkeit der Vornahme einer Handlung von der Mitwirkung eines Dritten abhängt und diese Mitwirkung zweifelhaft ist, auch verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern, die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen - ggf. einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens - zu ergreifen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 26. August 2009 - 12 W 1364/09 -, Rn. 17, juris).
Dem entsprechend hat der Schuldner einer Auskunftsverpflichtung, wenn der beauftragte Notar untätig bleibt oder unzureichend tätig wird, im Wege der Dienstaufsicht oder im Zivilrechtsweg ein hinreichendes Nachlassverzeichnis zu erzwingen, indem dienstrechtliche Maßnahmen gegen den Notar eingeleitet werden (vgl. § 15 Abs. 2 BNotO), oder aber einen anderen Notar mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu beauftragen (OLG Koblenz, Beschluss vom 10. August 2020 - 12 W 136/20 -, Rn. 6, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 3 W 59/15 -, Rn. 11, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 1. April 2021 - 12 W 50/21 -, Rn. 4, juris; Krug/Horn PHdB-Pflichtteilsprozess, 3. Auflage 2022, § 3 Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Wertermittlung (§ 2314 BGB) Rn. 35, beck-online). Die Beschwerdemöglichkeit nach § 15 Abs. 2 BNotO ist auch bei andauernder Untätigkeit des Notars gegeben. Dann liegt eine konkludent ausgedrückte Weigerung des Notars vor, an deren Annahme auf Grund der Rechtsweggarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BeckOK BNotO/Sander,...