Verfahrensgang

AG Heilbronn (Aktenzeichen 4 C 1209/92)

LG Heilbronn (Aktenzeichen 2 S 448/92)

 

Tenor

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.

 

Gründe

Die Klägerin hat an die Beklagten, türkische Staatsangehörige, in einem ihr gehörenden Mehrfamilienhaus in Heilbronn eine Wohnung vermietet. In § 11 des Mietvertrages ist unter anderem bestimmt: „Bauliche Veränderungen an und in den Mieträumen, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen und dergleichen dürfen nur mit vorheriger Zustimmung des Vermieters vorgenommen werden.” Ohne Zustimmung der Klägerin haben die Beklagten auf dem Balkon ihrer Wohnung eine Parabolantenne zum Empfang von Fernsehsendungen über Satelliten in Betrieb genommen und entgegen entsprechender Aufforderungen nicht beseitigt. Das Haus ist an das Breitbandkabelnetz angeschlossen, in das auch ein türkisches Fernsehprogramm eingespeist wird.

Mit der Klage hat die Klägerin Unterlassung und Beseitigung der Parabolantenne verlangt. Durch Urteil vom 17.8.92 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen, da die Aufstellung der Parabolantenne keiner Genehmigung bedurft habe, weil kein Eingriff in die Bausubstanz, also auch keine bauliche Veränderung vorliege und der äußere Gebäudeeindruck nicht verunstaltet werde. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht beschlossen, einen Rechtsentscheid gemäß § 541 I 1, 2. HS ZPO herbeizuführen zu folgenden Fragen:

Hat der Mieter einer Wohnung auch dann Anspruch auf Anbringung einer Parabolantenne, wenn das Haus bereits über einen Breitbandkabelanschluß verfügt, sofern die Anbringung baurechtlich zulässig, von einem Fachmann an einem möglichst unauffälligen Ort, gegebenenfalls nach Zuweisung durch den Vermieter ausgeführt wird und der Mieter hierfür alle Kosten übernimmt?

Ist in diesem Zusammenhang das Informationsinteresse ausländischer Mitbürger von besonderer Bedeutung, wenn diese mit der Parabolantenne mehr heimatliche Programme empfangen können, als über den bereits vorhandenen Breitbandkabelanschluß?

Die Vorlage ist durch den Erlaß des Rechtsentscheides des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. August 1993 – 3 REMiet 2/93 – unzulässig geworden. Dieser Rechtsentscheid lautet wie folgt:

Ein ausländischer Mieter von Wohnraum, der zwar über einen Breitbandkabelanschluß verfügt, über welchen jedoch keine Programme aus dem Heimatland des Mieters angeboten werden, kann in der Regel vom vermietenden Hauseigentümer verlangen, daß er die baurechtlich zulässige, von einem Fachmann ausgeführte Installation einer möglichst unauffälligen, technisch geeigneten Parabolantenne an einem für den Empfang von Satellitenprogrammen aus seinem Heimatland tauglichen Ort gestattet, an dem sie nach Einschätzung des Vermieters am wenigsten stört, sofern

  • mit der Anbringung kein erheblicher Eingriff in die Bausubstanz verbunden ist,
  • der Mieter den Vermieter von allen anfallenden Kosten und Gebühren freistellt,
  • der Mieter das Haftungsrisiko des Vermieters abdeckt und ihm auf dessen Verlangen Sicherheit leistet für die voraussichtlichen Kosten der Wiederentfernung der Anlage.

Aus den Gründen ergibt sich, daß es für eine Duldungspflicht der Parabolantenne zu dem „Katalog der Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen” unter anderem gehört: „Der Breitbandkabelanschluß befriedigt das Bedürfnis des Mieters auf Empfang von Fernsehprogrammen aus dessen Heimatland derzeit und in absehbarer Zukunft nicht” (Beschlußgründe unter Abschnitt IV 3 und 3 a). Damit ist die Vorlagefrage, soweit sie entscheidungserheblich ist, dahingehend beantwortet worden, daß ein Ausländer neben einem Breitbandkabelanschluß im Regelfall nur dann Anspruch auf Genehmigung einer Parabolantenne hat, wenn er über den Breitbandkabelanschluß kein Programm aus seinem Heimatland empfangen kann.

Gemäß § 541 I 1, 2. HS ZPO setzt die Herbeiführung eines Rechtsentscheids unter anderem voraus, daß die Rechtsfrage durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist. Dabei genügt es nicht, wenn diese Voraussetzung bei Verkündung des Vorlagebeschlusses gegeben ist, sondern es kommt auf den Zeitpunkt der Entscheidung des OLG an (Zöller-Schneider, Rdnr. 68 zu § 541 ZPO m.w.Nachw.). Die Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung ist daher unzulässig geworden.

Der Senat kann über die Vorlage auch nicht gemäß § 541 I 1 1. HS ZPO entscheiden, weil die Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in eine Vorlage wegen beabsichtigter Abweichung umgedeutet werden kann (OLG Hamm, WuM 91, 334); das Landgericht hat zunächst selbst zu entscheiden, ob es dem ihm bei seiner Vorlage noch nicht vorgelegenen Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe folgen will. Auch eine Vorlage an den BGH gemäß § 541 I 3 ZPO durch den Senat wegen seiner Bedenken gegen den Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe ist nicht möglich (vgl. OLG Hamm WuM 84, 239); ein unzulässig gewordener Rechtsentscheid kann auch nicht vom Bundesgerichtshof herbeigeführt werden.

Das Landgericht ist dadurch jedoch nicht gehindert, wenn es entsprechend der im Vorlagebeschluß (am Ende) genannten Tendenz den Anspruch auf Anb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge