Leitsatz (amtlich)
1. Ein Versorgungsträger ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, wenn er sich mit der Begründung, die angenommene Gleichartigkeit der Anrechte sei nicht gegeben, gegen einen Ausschluss des Ausgleichs des bei ihm bestehenden Anrechts nach § 18 Abs. 1 VersAusglG wendet.
2. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich erwächst hinsichtlich derjenigen Anrechte, hinsichtlich derer das AG nach § 18 Abs. 1 VersAusglG von einem Ausgleich abgesehen hat, nicht in Teilrechtskraft, da insoweit die Entscheidung über den Ausgleich eines Anrechts nicht mehr von der Entscheidung über den Ausgleich der übrigen Anrechte unabhängig ist.
3. Anrechte auf Leistung aus der Pflichtversicherung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sowie Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht gleichartig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG.
Normenkette
FamFG § 59 Abs. 1; VersAusglG § 18 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürtingen (Beschluss vom 22.02.2011; Aktenzeichen 28 F 1043/10) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürtingen vom 22.2.2011 unter Ziff. 2. der Entscheidungsformel abgeändert:
a) Zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (...) wird zugunsten des Antragsgegners auf dessen Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (...) ein Anrecht i.H.v. 7,4832 Entgeltpunkten übertragen, bezogen auf den 31.8.2010.
b) Zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin auf Leistungen der Pflichtversicherung bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg (...) wird zugunsten des Antragsgegners auf ein neu einzurichtendes Konto bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg ein Anrecht i.H.v. 22,19 Versorgungspunkten übertragen, bezogen auf den 31.8.2010.
c) Zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (...) wird zugunsten der Antragstellerin auf deren Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (...) ein Anrecht i.H.v. 8,8153 Entgeltpunkten übertragen, bezogen auf den 31.8.2010.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte, die außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 1.000 EUR
Gründe
Die Beschwerde der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands Baden-Württemberg (ZVK) hat in der Sache Erfolg und führt zu einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses unter Ziff. 2. der Entscheidungsformel.
I. Das AG hat durch Beschluss vom 22.2.2011 die zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner bestehende Ehe geschieden. In der Ehezeit 1.5.1998 bis 31.8.2010 (Eheschließung:... 5.1998; Zustellung des Scheidungsantrags: 28.9.2010) haben die Ehegatten folgende Anrechte erworben:
Antragstellerin:
Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Ehezeitanteil 14,9664 EP
Ausgleichswert 7,4832 EP
korrespondierender Kapitalwert 47.657,49 EUR
Anrecht auf Leistungen der Pflichtversicherung bei der ZVK
Ehezeitanteil 40,46 VP
Ausgleichswert (nach Abzug der Teilungskosten) 22,19 VP
korrespondierender Kapitalwert 6.640,96 EUR
Antragsgegner:
Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Ehezeitanteil 17,6305 EP
Ausgleichswert 8,8153 EP
korrespondierender Kapitalwert 56.141,09 EUR.
Das AG hat in dem angefochtenen Beschluss unter Ziff. 2 der Entscheidungsformel ausgesprochen, dass der Ausgleich sämtlicher Anrechte beider Ehegatten unterbleibt. In den Gründen des Beschlusses hat es ausgeführt, der Wertunterschied zwischen beiden Anrechten der Antragstellerin und dem Anrecht des Antragsgegners übersteige nicht den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG. Da die Anrechte miteinander vergleichbar seien und keine besonderen Gründe einen Ausgleich erforderten, werde von einem Ausgleich nach § 18 Abs. 1 VersAusglG abgesehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der ZVK. Sie beantragt, den Versorgungsausgleich entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen und bringt hierzu insbesondere vor, dass das bei ihr bestehende Anrecht der Antragstellerin auf Leistungen der Pflichtversicherung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht "gleicher Art" i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG seien.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die ZVK beschwerdeberechtigt i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG. Grundsätzlich ist ein Versorgungsträger durch eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich beschwert, wenn der Versorgungsausgleich in einer mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmenden Weise durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob die Entscheidung zu einer finanzielle Mehrbelastung des Versorgungsträgers führt oder nicht (vgl. BGHFamRZ 2009, 853 ff. Rz. 12; BGHFamRZ 2003, 1737 ff. Rz. 18). Dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Entscheidung für sich genommen keine Veränderung des Anrechts bz...