Leitsatz (amtlich)
›1. Wer seine Schafherde unbefugt auf fremden Äckern weiden lässt, macht sich des Diebstahls schuldig.
2. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn sich das der Verurteilung zugrunde liegende Geschehen nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit darstellt.
3. Die landesrechtlichen Bußgeldvorschriften über die Beschädigung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke regeln auf ihrem Gebiet die Materie der Sachbeschädigung abschließend und gehen § 303 StGB vor.
4. Stellt das Urteil fest, der Angeklagte habe nach einem Diebstahl vollständige Schadenswiedergutmachung einschließlich der Auslagen und Kosten geleistet, ist eine Auseinandersetzung mit § 46 a StGB geboten.
5. Die Feststellung, der Angeklagte leide "unter erheblichen gesundheitlichen physischen und psychischen Beeinträchtigungen", unter anderem seit mehreren Jahren an einer Schlafapnoe mit der Folge, dass aufgrund mangelnder Sauerstoffzufuhr während des Schlafes ein Tiefschlaf und damit die notwendige Erholungsphase äußerst eingeschränkt sei, macht eine Auseinandersetzung mit § 21 StGB notwendig.‹
Verfahrensgang
AG Tuttlingen (Aktenzeichen Ls 14 Js 8364/99) |
AG Tuttlingen (Aktenzeichen Ls 14 Js 3954/99) |
LG Rottweil (Aktenzeichen 11 Ns 14 Js 8364/99) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tuttlingen verurteilte den mehrfach, überwiegend einschlägig, vorbestraften Angeklagten am 15. November 1999, Ls 14 Js 3954/99, wegen elf tatmehrheitlicher Vergehen des Diebstahls, eines Vergehens der Sachbeschädigung, eines Vergehens der Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung und dreier tateinheitlicher Vergehen der Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten; wegen weiterer Anklagepunkte wurde er freigesprochen. Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten sowie dieser selbst Berufung eingelegt.
Am 21. Februar 2000 hat das Amtsgericht Tuttlingen, Ls 14 Js 8364/99, den Angeklagten außerdem wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit zwei Vergehen des Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und wegen eines weiteren Anklagevorwurfs freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Staatsanwaltschaft und Angeklagter haben ihre Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Landgericht Rottweil am 7. November 2000 "auf die Berufung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten (...) die im Schuldspruch rechtskräftigen Urteile des Amtsgerichts - Schöffengerichts -Tuttlingen vom 15.11.1999 und vom 21.02.2000 jeweils im Strafausspruch aufgehoben" und den Angeklagten "zu der Gesamtfreiheitsstrafe von (1) einem Jahr verurteilt". Die weiter gehenden Berufungen des Angeklagten wurden verworfen.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts sowie einen Verfahrensfehler; er beanstandet, das Landgericht Rottweil habe die Frage der Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht hinreichend aufgeklärt. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision ist begründet im Sinne des § 349 Abs. 4 StPO und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache.
Die Revision hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge des Angeklagten, die ohnehin nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt, kommt es deshalb nicht mehr an.
1.
Soweit der Angeklagte vom Amtsgericht Tuttlingen am 15. November 1999 wegen Sachbeschädigung verurteilt worden ist, war die Beschränkung der Berufungen von Staatsanwaltschaft und Angeklagtem auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam, so dass das Landgericht eigene Schuldfeststellungen hätte treffen müssen.
Nach den Feststellungen des Urteils fuhr der Angeklagte "am 19. März 1999 zwischen 6.10 Uhr und 7.10 Uhr (...) mit dem Pkw Kombi, amtliches Kennzeichen..., über die Wiesen des H. K. im Gewann W. und F. auf Gemarkung T." und hinterließ "auf den Grundstücken (...) Holzprügel, Glasscherben, Steine und weiteren Unrat", "um zu erreichen, dass die Bearbeitung der Grundstücke erschwert wird bzw. das Vieh nach der Ernte durch den Verzehr des Grases verletzt wird. Durch das Befahren der Grundstücke mit dem Pkw entstanden Unebenheiten (tiefe Spurrinnen). Durch den Unrat und die Spuren entstand ein Schaden von ca. DM 200,-". Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer Straftat der Sachbeschädigung gem. § 303 StGB nicht. Die Tat kann vielmehr nur als Ordnungswidrigkeit nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 Landwirtschaftsgesetz Baden-Württemberg (LLG) geahndet werden. Gem. Art. 4 Abs. 5 Nr. 1 EGStGB lassen die Vorschriften des Strafgesetzbuches über Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Urkundenfälschung die Vorschriften des Landesrechts zum Schütze von Feld und Forst unberührt, die bestimmte Taten nur mit Geldbuße bedrohen. Der Landesgesetzgeber hat in § 28 Abs. 1 LLG von der in Art. 4 Abs. 5 EGStGB ...