Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Festsetzung des Verfahrenswertes in Versorgungsausgleichssachen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes in Versorgungsausgleichssachen ist das Nettoeinkommen i.S.d. § 50 Abs. 1 FamGKG aus dem Erwerbseinkommen ohne Berücksichtigung individueller Zu- und Abschläge zu bestimmen.

 

Normenkette

FamGKG § 50 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Heilbronn (Beschluss vom 16.06.2010; Aktenzeichen 4 F 136/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Heilbronn vom 16.6.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das Familiengericht hat nach Scheidung der Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs den Verfahrenswert des Versorgungsausgleichs auf 1.000 EUR festgesetzt. Der dagegen gerichtete Beschwerde, die keine ausdrückliche Erklärung enthält, ob sie namens des Antragstellers oder namens des Verfahrensbevollmächtigten eingelegt wurde, hat das Familiengericht nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt: Der in § 50 Abs. 1 FamGKG genannte Wert sei so zu verstehen, dass damit 10 % des Werts der Ehesache gemeint seien. Da dieser Wert auf 2.000 EUR festgesetzt worden sei, ergebe sich insgesamt ein Wert unterhalb des Mindestwert von 1.000 EUR. Davon abgesehen, entspreche ein höherer Wert als 1.000 EUR auch nicht der Billigkeit i.S.d. § 50 Abs. 3 FamGKG.

II.1. Die Beschwerde ist gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an der Beschwer. Ziel der Beschwerde ist die Erhöhung des Gegenstandswerts. Durch eine zu geringe Festsetzung werden nicht die Beteiligten, sondern nur deren Verfahrensbevollmächtigte beschwert. Gemäß § 32 Abs. 2 RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte aber aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen.

Zwar wird in der Beschwerdeschrift nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, ob die Beschwerde im eigenen Namen des Verfahrensbevollmächtigten oder im Namen des Antragstellers eingelegt wurde. Jedoch sind Beschwerden, mit denen eine Erhöhung des Gegenstandswerts angestrebt wird, im Zweifel dahingehend auszulegen, dass der Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde im eigenen Namen und aus eigenem Recht einlegt, da nur dann überhaupt eine zulässige Beschwerde vorliegt (Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 32 RVG Rz. 14).

Auch der Beschwerdewert von mehr als 200 EUR (§ 59 Abs. 1 FamGKG) wird erreicht.

2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zwar geht der Beschwerdeführer zu Recht davon aus, dass der nach § 50 Abs. 1 FamGKG zu ermittelnde Wert 2.115 EUR beträgt. Allerdings ergibt eine Billigkeitskorrektur nach § 50 Abs. 3 FamGKG den vom AG angenommenen Wert von 1.000 EUR.

a) Gemäß § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht, über das mit der Scheidung entschieden wird, 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.

Das Familiengericht hat dazu aus Vereinfachungs- und Praktikabilitätsgründen die Auffassung vertreten, es seien 10 Prozent des Wertes der Ehesache (§ 43 FamGKG) anzusetzen. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Zwar soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/10144, 111) in § 50 Abs. 1 FamGKG ein Gleichklang mit § 43 FamGKG hergestellt und so der Aufwand für die Wertfestsetzung begrenzt werden. Eine völlige Gleichsetzung scheidet jedoch schon deshalb aus, weil die Einkommensverhältnisse, definiert als Nettoeinkommen der letzten drei Monate, in § 43 FamGKG nur ein Faktor unter mehreren zur Bemessung des Wertes sind, während sie in § 50 FamGK allein maßgeblich sind.

Hinzu kommt, dass die Grundsätze, wie sie von der Rechtsprechung für die Ermittlung des in Ehesachen maßgeblichen Einkommens (§ 43 Abs. 2 FamGKG) entwickelt wurden, nicht vollständig für die Bestimmung des Wertes in Versorgungsausgleichssachen geeignet sind. Bei der Wertermittlung nach § 43 FamGK wird das Einkommen noch um individuelle Belastungen, etwa Kindesunterhalt und Schulden bereinigt, aber auch um Einkünfte aus Unterhalt oder Vermögen erhöht. Die Höhe von Versorgungsanrechten, insbesondere solcher aus der gesetzlichen Rentenversicherung, bestimmt sich aber meist nach dem reinen Erwerbseinkommen (auch darauf weist die Begründung zu § 50 FamGKG hin, BT-Drucks. 16/10144, a.a.O.). Daher ist das Nettoeinkommen i.S.d. § 50 FamGKG aus dem Erwerbseinkommen ohne Berücksichtigung individueller Zu- und Abschläge zu bestimmen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.5.2010 - 18 WF 91/10 -, juris m.w.N.). Dies folgt aus einem Vergleich von § 43 Abs. 1 FamGKG mit § 50 Abs. 1 und 3 FamGKG. Zwar geht auch § 43 Abs. 1 S 1, Abs. 2 FamGKG für die Ermittlung der Einkommensverhältnisse vom 3fachen Nettoeinkommen aus. Doch ist dies nur ein Umstand, der bei der Angemessenheitsprüfung neben allen sonstigen Umständen des Einzelfalles zu berücksichtigen ist. Dies lässt eine Reduzierung oder auch Erhöhung des Betrages aufgrund der persönlichen Einkommensverhältnisse der Beteiligten zu. Demgegenüber wird in § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG das 3fache Nettoeinkommen als f...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge