Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr in der Hauptsache wie auch im einstweiligen Anordnungsverfahren bei außergerichtlichen Verhandlungen zwischen den Parteivertretern
Leitsatz (amtlich)
Werden in einer Unterhaltssache (Klage in der Hauptsache mit gleichzeitig eingereichtem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) zwischen den Parteivertretern außergerichtliche Verhandlungen zur Erledigung der Verfahren geführt, fällt die Terminsgebühr sowohl in der Hauptsache als auch im einstweiligen Anordnungsverfahren an und ist auch erstattungsfähig, sofern nicht eine ausdrückliche Beschränkung der Verhandlungen auf eines der Verfahren vorgenommen wurde.
Normenkette
ZPO §§ 91, 620a, 621 Abs. 1 Nr. 5, § 644; RVG § 2 Abs. 2 S. 1 Anl. 1 Vorbem. 3 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Esslingen (Beschluss vom 11.05.2007; Aktenzeichen 2 F 798/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des AG Esslingen vom 11.5.2007 - 2 F 798/06, abgeändert:
Auf Grund des rechtskräftigen Anerkenntnisurteils des AG Esslingen - FamG - vom 16.3.2007 sind von dem Beklagten an die Klägerin an Kosten zu erstatten:
weitere 269,89 EUR,
damit insgesamt 1.751,42 EUR
nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 22.3.2007.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 269,89 EUR.
Gründe
1. Die Klägerin nahm mit ihrer Klage vom 14.7.2006 in der Hauptsache und mit dem gleichzeitig eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 644 ZPO den Beklagten wegen Ehegattenunterhalts in Anspruch. Im laufenden Verfahren beantragte der Beklagte am 19.2.2007 die Verlängerung einer Stellungnahmefrist, weil die Parteien gerade Vergleichsverhandlungen führten. Am 13.3.2007 anerkannte der Beklagte "die Klage" schriftsätzlich, worauf am 16.3.2007 im schriftlichen Verfahren gem. § 307 Satz 2 ZPO ein Anerkenntnisurteil erging, das den Parteien am 22.3.2007 zugestellt wurde. In dem Urteil wurden dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Streitwert für die Leistungsklage auf 6.000 EUR sowie für die einstweilige Anordnung auf 3.000 EUR festgesetzt.
Am 22.3.2007 beantragte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte die Kostenfestsetzung i.H.v. insgesamt 1.615,43 EUR. In diesem Betrag war eine 1,2-Terminsgebühr sowohl für die Leistungsklage als auch für die einstweilige Anordnung enthalten.
Die Rechtspflegerin entsprach mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.5.2007 dem Antrag mit Ausnahme der 1,2-Terminsgebühr für die einstweilige Anordnung i.H.v. 226,80 EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer von 43,09 EUR, insgesamt 269,89 EUR, weil für diese eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben und auch im schriftlichen Verfahren entschieden worden sei.
Gegen die am 22.5.2007 zugestellte Entscheidung hat die Klägervertreterin am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass verfahrensbeendende Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mit der Gegenseite stattgefunden hätten, die zur Erledigung des Rechtsstreits durch Anerkenntnis des Beklagten der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche und damit auch zur Erledigung des einstweiligen Anordnungsverfahrens geführt hätten.
Die Beklagtenvertreterin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Zwar hätten Vergleichsverhandlungen stattgefunden, diese hätten jedoch nur die Erledigung der Hauptsache betroffen. Es liege "in der Natur der Sache", dass damit "automatisch" auch die einstweilige Anordnung erledigt würde.
Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und in der Sache auch begründet.
a) Die geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr ist im einstweiligen Anordnungsverfahren angefallen gem. Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3104 RVG-VV.
Danach entsteht die Terminsgebühr u.a. für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts. Voraussetzung für diese Gebühr ist lediglich ein entsprechender Verfahrensauftrag, nicht aber die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung, da es sich hier nicht um die Terminsgebühr nach dem Ausnahmetatbestand der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV handelt. Zwar erging ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren gem. § 307 Satz 2 ZPO. Aber dieser Gebührentatbestand erfasst die Fälle des Entstehens einer Terminsgebühr ohne mündliche Verhandlung allein durch das Wechseln von Schriftsätzen (Onderka/N. Schneider in Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl. 2006, der RVG-VV Vorbem. 3 Rz. 147 ff.), während es hier um die nach Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3104 - ohne dessen Ausnahmetatbestände - RVG-VV "verdiente" Terminsgebühr auf Grund außergerichtlicher Besprechungen mit der Gegenseite zur Verfahrenserledigung geht.
Vergleichsverhandlungen ohne die Beteiligung des Geric...