Leitsatz (amtlich)
1. Entschließt sich ein Anleger für eine unternehmerische Kapitalanlage mit dem vorranigigen Ziel, Steuern zu sparen, so kann er im Falle der Fehlberatung, die zu einem Schadensersatzanspruch durch Rückabwicklung führt, Zinsen, die er bei einer alternativen, mündelsicheren Anlageform erzielt hätte, in der Regel nicht geltend machen.
2. Eine höhere als eine 1,3 Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit bei einem Kapitalanlagefall kann im Regelfall nicht verlangt werden; dies insbesondere auch dann nicht, wenn Ansprüche nur dem Grunde nach geltend gemacht werden und diese noch nicht beziffert sind.
Normenkette
BGB §§ 249, 252 S. 2; RVG § 14 Abs. 1; RVG-VV Nr. 2300
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 29.05.2013; Aktenzeichen 3 O 208/12 I) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 29.5.2013 - Az. 3 O 208/12 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 27.9.2013.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns R. auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung- bzw. Anlagevermittlung bezüglich einer Kapitalanlage in Anspruch, insbesondere wegen unzureichender Risikoaufklärung.
Der Ehemann hat aufgrund Beratung bzw. Vermittlung des Beklagten am 20.11.2003 eine Kommanditeinlage an der A. GmbH & Co. Filmproduktion KG zum Nominalbetrag von 30.000 EUR zzgl. 5 % Agio gezeichnet.
Er hat Bareinlagen zzgl. Agio i.H.v. insgesamt 19.500 EUR erbracht, der Restbetrag sollte fremdfinanziert werden.
Herr Zack hat Ausschüttungen i.H.v. 900 EUR erhalten.
Die A. GmbH & Co. Filmproduktion KG befindet sich seit 31.12.2010 in Liquidation. Die Anleger können nur Zahlungen i.H.v. 6 % ihrer Beteiligung erwarten.
Das LG hat der auf Rückabwicklung und Schadensersatz gerichteten Klage wegen fehlerhafter bzw. unzureichender Aufklärung über die Risiken der Anlage dem Grunde nach und auch der Höhe nach im Wesentlichen entsprochen, die Klage aber hinsichtlich der Höhe auch teilweise abgewiesen.
Die Klägerin hatte beim LG folgende Anträge gestellt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.057,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich hieraus seit dem 20.4.2011 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.241,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich hieraus seit dem 20.4.2011 zu bezahlen.
3. Die Verurteilung erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Herrn R., E. XX, (Ortsname)... aus der Gesellschaftsbeteiligung an der A. GmbH & Co. Filmproduktion KG über nominal 30.000 EUR.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin und Herrn R., E. XX, (Ortsname)... von allen zukünftigen wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die der Klägerin und Herrn R., E. XX, (Ortsname)... unmittelbar oder mittelbar aus der Gesellschaftsbeteiligung an A. GmbH & Co. Filmproduktion KG entstehen.
Das LG hat den Anträgen Ziff. 3 und 4 der Sache nach in vollem Umfang entsprochen.
Antrag Ziff. 1 hat das LG i.H.v. 18.600 EUR, entsprechend dem vom Ehemann der Klägerin aufgewandten Betrag von 19.500 EUR abzgl. der Ausschüttung von 900 EUR, stattgegeben. Den weiter gehenden Antrag, den die Klägerin damit begründet hat, ihr Ehemann hätte mit dem aufgewendeten Betrag, wäre er nicht vom Beklagten fehlberaten worden, in der Zeit vom 20.12.2003 bis 31.3.2012 den gesetzlichen Zinssatz von 4 %, entsprechend 6.457,44 EUR erzielt, hat das LG abgewiesen, da die Klägerin nicht bewiesen habe, dass ihr Ehemann als Alternative eine risikofreie Anlage mit fester Verzinsung getätigt hätte und ein entsprechender Schaden in Form entgangenen Gewinns daher nicht feststehe.
Dem auf Zahlung von 1.241,53 EUR gerichteten Antrag Ziff. 2, den die Klägerin mit außergerichtlichen Anwaltsgebühren i.H.v. 1,35 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 30.000 EUR begründet hat - entsprechend 1.023,30 EUR zzgl. 20 EUR Nebenkostenpauschale und Umsatzsteuer - hat das LG i.H.v. 961,28 EUR stattgegeben. Die Abweisung i.H.v. 280,25 EUR hat es damit begründet, es sei nur eine 1,3 Geschäftsgebühr aus dem berechtigten Hauptsachebetrag von 18.600 EUR gerechtfertigt.
Wegen der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin die abgewiesene Forderung auf entgangenen Gewinn weiter. § 252 S. 2 BGB ermögliche eine abstrakte Schadensberechnung. Das Anlageziel des Ehemanns der Klägerin sei nicht nur auf die Erzielung von Steuervorteilen, sondern auch auf eine mündelsichere Anlage entspr. § 1807 BGB gerichtet gewesen. Auch sei die - vermeintliche - Sicherheit mit einer Bank-Schuldübernahme von 80 % vorgespiegelt worden.
Der entgangene Gewinn betrage in Anlehnung an § 246 BGB 4 %; zumindest sei auch ohne konkreten Vortrag davon auszugehen, dass der Ehemann der Klägerin über eine alternative Anlage einen Zins von 2 % erzielt ...