Verfahrensgang

LG Ulm (Beschluss vom 09.08.2019; Aktenzeichen 4 O 175/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Klägervertreterin gegen den Beschluss des Landgerichts Ulm vom 24.01.2019 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 09.08.2019, Az. 4 O 175/18, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss wie folgt abgeändert wird:

Der Streitwert wird auf bis 40.000 EUR festgesetzt.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägervertreterin wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 15.07.2019 (Bl. 267) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2019 (Bl. 263), mit dem - nach Rücknahme der Klage mit einem am 21.01.2019 eingegangenem Schriftsatz vom 09.01.2019 - der Streitwert auf bis 60.000,00 EUR festgesetzt worden war.

Die Klägerin erwarb im Jahr November 2014 ein vom sog. Diesel-Skandal betroffenes Kraftfahrzeug. Der Kaufpreis von 35.175,40 EUR wurde mit einem Nettodarlehensbetrag von 29.175,40 EUR von der Beklagten Ziff. 2 finanziert, einen Betrag von 6.000 EUR erbrachte die Klägerin als Anzahlung aus eigenen Mitteln (Anl. K14a, Bl. 109).

Die Klägerin nahm die Beklagte Ziff. 1 als Herstellerin des Kraftfahrzeugs aus Deliktsrecht auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch. Gegenstand der Klage waren im Einzelnen (Ziff. 1) ein Leistungsantrag in Höhe von 33.211,51 EUR (Kaufpreis unter Anrechnung eines Ausgleichs für die gefahrenen Kilometer) Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs, (Ziff. 2) ein Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs, (Ziff. 3) ein Zahlungsantrag in Höhe von 1.544,07 EUR (Ersatz von Aufwendungen) und (Ziff. 4) ein Freistellungsantrag in Höhe von 1.419,08 EUR (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten).

Die Klägerin hat ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen. Der Klageantrag Ziff. 5 war gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagten Ziff. 2 aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag über nominal 29.175,40 EUR ab dem Zugang der Widerrufserklärung kein Anspruch auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehe. Hilfsweise, falls der Antrag Ziff. 5 begründet sei, werde beantragt, die Beklagte Ziff. 2 zu verurteilen, an die Klägerin 16.188,00 EUR zu bezahlen Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs (Ziff. 5a). Der Hilfsantrag Ziff. 5b ist auf die Feststellung des Annahmeverzugs gerichtet.

Das Landgericht hat den Streitwert für die Anträge Ziff. 1-4 auf 34.755,58 EUR festgesetzt und den Streitwert für den Antrag Ziff. 5 auf 24.589,93 EUR. Für letzteren maßgeblich seien die zum Zeitpunkt des Zugangs der Widerrufserklärung noch offenen Vertragszinsen und Tilgungen.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Streitwert für den Antrag Ziff. 5 betrage 35.175,40 EUR (Nettodarlehensbetrag zzgl. Anzahlung in Höhe von 6.000 EUR). Der Gesamtstreitwert sei daher auf bis 80.000 EUR festzusetzen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.08.2019 (Bl. 283) nicht abgeholfen und den Streitwert auf bis 50.000 EUR festgesetzt. Da der Antrag Ziff. 5 gerade nicht auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrags gerichtet gewesen sei, müsse bei wirtschaftlicher Betrachtung der Vorteil maßgeblich sein, welchen sich die Klägerin aus dem Widerruf erhoffe. Dabei sei der Streitwert gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG in Verbindung mit § 9 S. 1 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag in Höhe von 11.886 EUR (3,5 × 12 × 283 EUR) zu begrenzen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 68 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 63 Abs. 4 S. 2 GKG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt, da sich das Verfahren durch die Rücknahme der Klage am 21.01.2019 erledigt hat und die Beschwerde am 15.07.2019 und damit innerhalb der 6-Monats-Frist des § 68 Abs. 1 S. 3, § 63 Abs. 4 S. 2 GKG eingegangen ist.

2. Der Streitwert für die gegen die Beklagte Ziff. 1 gerichteten Klaganträge Ziff. 1 bis 4 beträgt 34.755,58 EUR (Zahlungsanträge Ziff. 1 und 3).

Dem Antrag Ziff. 2 auf Feststellung des Annahmeverzugs kommt neben dem Antrag auf eine Zug- um-Zug-Verurteilung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, weil die Frage des Annahmeverzugs nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch ist. Der Antrag Ziff. 4 auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten betrifft ebenfalls eine Nebenforderung und erhöht damit nicht den Streitwert (§ 43 Abs. 1 GKG).

3. Zu korrigieren ist allerdings die Festsetzung des Streitwerts für den Klagantrag Ziff. 5.

Der Streitwert für eine negative Feststellungsklage des Darlehensnehmers nach Widerruf richtet sich bei verbundenen Verträgen grundsätzlich nach dem Nettodarlehensbetrag, wenn der Kläger wirtschaftlich begehrt so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft nicht getätigt (BGH, Beschluss vom 07.04.2015 - XI ZR 121/14 -, Rn. 3, juris; BGH, Beschluss vom 29.09.2009 - XI ZR 498/07 -, juris). Hinzu kommt der aus Eigenm...

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