Leitsatz (amtlich)
1. Sind ein Bauunternehmer und ein Bauträger in Übereinstimmung mit Abschnitt 182a der Umsatzsteuerrichtlinien 2005 und mit der Praxis der Finanzverwaltung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgegangen, dass der Bauträger als Leistungsempfänger Steuerschuldner der Umsatzsteuer ist und dementsprechend der Bauträger die Umsatzsteuer auf den bezahlten Werklohn abzuführen hat, und hat der Bauunternehmer dem Bauträger deshalb den Werklohn ohne Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, kann der Bauunternehmer im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013, Az. V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128), gemäß § 313 BGB die Anpassung des Vertrags dahingehend verlangen, dass der Bauträger dem Bauunternehmer (auch) die Umsatzsteuer schuldet (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23. Februar 2017, Az. V R 16/16, 24/16 [BFHE 257, 177]).
2. Das Risiko der Änderung der finanzbehördlichen Praxis aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fällt nicht in die Sphäre des Bauunternehmers. Auch die Übergangsvorschrift in § 27 Abs. 19 UStG in der Fassung vom 25. Juli 2014 (eingefügt durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes vom 25. Juli 2014, BGBl 2014 I 1266) enthält keine gesetzgeberische Zuweisung des Risikos auf den leistenden Bauunternehmer.
3. Im Rechtsstreit kann direkt auf die angepasste Leistung geklagt werden.
4. Die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs gemäß § 313 BGB beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Zu den den Anspruch begründenden Umständen gehört die Kenntnis, dass nicht der Bauträger, sondern der Bauunternehmer gegenüber den Finanzbehörden Schuldner der Umsatzsteuer für seine Werklohnforderung ist. Die Berufung wurde mit Beschluss vom 31. Januar 2018 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Normenkette
BGB § 313; UStG § 13b
Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 06.11.2017; Aktenzeichen 3 O 200/17) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 06.11.2017, Az. 3 O 200/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.01.2018.
Gründe
I. Die Beklagte, eine Bauträgerin, die mit W. zwei Werkverträge über die Erbringung von Bauleistungen an einem Bauvorhaben in E. und einem Bauvorhaben in U. abgeschlossen hatte, wendet sich gegen ein Urteil des Landgerichts, durch welches sie verurteilt wurde, an das klagende Land, das aus abgetretenem Recht von W. vorgeht, den Umsatzsteueranteil des Werklohns aus den Bauverträgen in Höhe von 12.373,65 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Forderungen seien zumindest seit 2014/2015 verjährt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei eine ergänzende Vertragsauslegung nicht möglich (soweit auf Seite 2 der Berufungsbegründung unter 2. ausgeführt wird, es sei "eine ergänzende Vertragsauslegung möglich", handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler). Schließlich liege keine wirksame Abtretungserklärung vor.
Wegen der Einzelheiten der Berufung wird auf die Berufungsbegründung vom 4. Januar 2018 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 6. November 2017 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil dadurch der Beklagten weitere Kosten entstünden, ohne dass durch eine mündliche Verhandlung weitere, für die Beklagte günstige entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu erwarten wären (§ 522 Abs. 2 ZPO).
1. Es kann offenbleiben, ob die vom Landgericht - ebenso wie vom OLG Köln (Urteil vom 4. August 2016 - I-7 U 177/15) für einen vergleichbaren Sachverhalt - bejahten Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung der Vereinbarungen zwischen dem Zedenten und der Beklagten bezüglich der Umsatzsteuer vorliegen.
Der Anspruch auf Bezahlung des Umsatzsteueranteils für den Werklohn aus den beiden Bauverträgen ergibt sich jedenfalls aus § 313 Abs. 1 u. 2 BGB nach den Regeln über die Anpassung des Vertrags bei einer Störung der Geschäftsgrundlage (vgl. auch BFH, Urteil vom 23. Februar 2017 - V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, juris Rn. 49 ff.). Danach kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit...