Leitsatz (amtlich)
In einer Familiensache löst im Revisionsverfahren die Beratung des Revisionsbeklagten durch seinen Prozessbevollmächtigten der ersten und zweiten Instanz dahin, dass eine Vertretung durch einen am BGH zugelassenen Rechtsanwalt nicht erforderlich sei, weil ein Versäumnisurteil ausgeschlossen werden könne, keine gesonderte Gebühr aus:
1. Eine 1,1-Verfahrensgebühr im Revisionsverfahren nach Nr. 3206 RVG-VV fällt nicht an, weil dem Prozessbevollmächtigten die Postulationsfähigkeit für ein Auftreten vor dem BGH fehlt.
2. Eine 0,8-Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeiten nach Nr. 3403 RVG-VV fällt nur an, wenn ein entsprechender Auftrag erteilt wurde, wovon bei der vorliegend erteilten Beratung nicht ausgegangen werden kann.
3. Eine 0,5 bis 1,0-Beratungsgebühr nach Nr. 2100 RVG-VV n.F. (Nr. 2200 RVG-VV a.F.) erfordert eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Revision. Sie entsteht deshalb nicht bei einer lediglich verfahrensrechtlichen Beratung.
4. Eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG n.F. (Nr. 2100 RVG-VV a.F.) wird durch die genannte Auskunftserteilung nicht ausgelöst, sondern ist gebührenrechtlich gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG als dem vorangegangenen Rechtszug zugehörig anzusehen.
Normenkette
RVG VV Nrn. 2100, 3206; RVG-VV Nr. 3403; RVG § 34
Verfahrensgang
AG Balingen (Beschluss vom 09.05.2008; Aktenzeichen 5 F 370/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Rechtspflegers des AG Balingen - FamG - vom 9.5.2008 - 5 F 73/02, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 764,69 EUR.
Gründe
1. In der Familiensache wegen Zugewinnausgleichs wurde durch Urteil des BGH v. 9.1.2008 - XII ZR 33/06, die Revision des Beklagten auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 26.2.2008 verlangt die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten der 1. und 2. Instanz die Erstattung einer für ihn geltend gemachten 1,1-Verfahrensgebühr im Revisionsverfahren nach Nr. 3206 RVG-VV nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 764,69 EUR mit der Begründung, dass ihm alle Schriftsätze und Entscheidungen zugestellt worden seien und die Klägerin dahingehend beraten worden sei, dass eine Vertretung durch einen am BGH zugelassenen Rechtsanwalt nicht erforderlich sei, weil ein Versäumnisurteil ausgeschlossen werden könne.
Der Beklagte ist durch seinen Prozessbevollmächtigten im Revisionsverfahren dem Antrag entgegengetreten. Im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt dessen Schriftsatzes vom 10.3.2008.
Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 9.5.2008 den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen unter Hinweis auf die fehlende Postulationsfähigkeit des Klägervertreters vor dem BGH.
Gegen die am 14.5.2008 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 19.5.2008 sofortige Beschwerde eingelegt und weiter vorgetragen, dass sie am 3.3.2006 und Anfang Juli 2006 um Beratung nachgesucht habe, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen ihrerseits einzuleiten seien. Hierdurch sei zumindest eine 3/10-Beratungsgebühr angefallen und erstattungsfähig.
Der Beklagte hat hierzu keine weitere Stellungnahme abgegeben und der Rechtspfleger hat ohne Abhilfe mit Beschluss vom 25.6.2008 die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG), aber in der Sache unbegründet.
a) Die mit dem Kostenfestsetzungsantrag beanspruchte 1,1-Verfahrensgebühr im Revisionsverfahren nach Nr. 3206 RVG-VV ist nicht angefallen, weil dem Klägervertreter die Postulationsfähigkeit für ein Auftreten vor dem BGH fehlt.
Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 1.2.2007 - V ZB 110/06, veröffentlicht in NJW 2007, 1461, für die Nichtzulassungsbeschwerde klargestellt, dass die Verfahrensgebühr (Nr. 3506 RVG-VV) für die anwaltliche Tätigkeit in dem Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 544 ZPO) nur entsteht, wenn der mit der Wahrnehmung der Rechte in dem Verfahren beauftragte Rechtsanwalt vor dem BGH postulationsfähig ist. Die Entstehung der Gebühr setzt voraus, dass dem Rechtsanwalt ein umfassender Auftrag zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten in dem gerichtlichen Verfahren dahin erteilt worden ist, den Rechtsbehelf einzulegen oder sich gegen diesen zu verteidigen. Der nicht postulationsfähige Rechtsanwalt ist aber an der Erfüllung eines solchen Auftrags aus einem in seiner Person liegenden Grund gehindert, weswegen der Auftraggeber eine den Auftrag voraussetzende Verfahrensgebühr als Gegenleistung nicht schuldet.
Dieselben Erwägungen treffen unzweifelhaft auch auf das Revisionsverfahren gem. §§ 542 Abs. 1, 543 ZPO zu.
Die geltend gemachte Verfahrensgebühr nach Nr. 3206 RVG-VV ist damit bereits nicht angefallen.
b) Davon unberührt bleibt die Möglichkeit des nicht postulationsfähigen Rechtsanwalts, den Auftrag teilweise auszuführen und einzelne Tätigkeiten für seinen Auftraggeber nach Nr. 3403 RVG-VV abzu...