Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 13.07.2015; Aktenzeichen 11 KLs 14 Js 15068/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Tübingen gegen den Beschluss des Landgerichts - 11. Große Wirtschaftsstrafkammer - Stuttgart vom 13. Juli 2015 wird als unbegründet
verworfen.
Die den Angeschuldigten durch das Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat mit Datum vom 9. August 2012 gegen die Angeschuldigten Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart erhoben. Sie wirft ihnen darin gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 1.461 Fällen (Taten II. Nr. 1. - 1461.) gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 25 Abs. 2, § 53 StGB vor. Dem Angeschuldigten K. legt sie zusätzlich gewerbs- und bandenmäßige Untreue in 28 tatmehrheitlichen Fällen (Taten I. 1. - 28.) gemäß § 266 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 53 StGB und den Angeschuldigten M., U. und B. zusätzlich Beihilfe zur gewerbs- und bandenmäßigen Untreue in 28 Fällen (Taten I. 1. - 28.) gemäß § 266 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, §§ 53, 27 StGB zur Last. Dem Angeschuldigten B. wird zudem Bankrott im besonders schweren Fall (Tat III.) gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 283a Satz 2 Nr. 1 StGB und Verletzung der Unterhaltspflicht (Tat IV.) gemäß § 170 StGB und dem Angeschuldigten U. zusätzlich unerlaubter Besitz von Arzneimitteln (Tat V.) gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b in der bis zum 17. Dezember 2015 geltenden Fassung i.V.m. § 6a Abs. 2a des Arzneimittelgesetzes vorgeworfen.
Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart lehnte durch den angefochtenen Beschluss bezüglich sämtlicher Angeschuldigter die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der Taten I. 1. - 28. aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen und hinsichtlich der Taten II 1. - 1461. aus tatsächlichen Gründen ab. Im Übrigen erklärte sich das Landgericht hinsichtlich der Taten III. und IV. bezüglich des Angeschuldigten B. für unzuständig. Auch bezüglich der Tat V. erklärte sich das Landgericht hinsichtlich des Angeschuldigten U. für unzuständig. Schließlich ordnete es an, dass dem Angeschuldigten M. für die am 15. August 2007 vollzogene Durchsuchung der Wohnräume in K., für die Sicherstellungen in diesen Räumlichkeiten am 15. August 2007 sowie für die vom 13. November 2007 bis 10. Januar 2008 vollzogene Untersuchungshaft eine Entschädigung zu gewähren ist. Ebenso ordnete es an, dass dem Angeschuldigten K. für die am 18. Oktober 2006, 15. August 2007 und 13. November 2007 vollzogenen Durchsuchungen seiner Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume in B. sowie die Sicherstellungen in diesen Räumlichkeiten am 15. August 2007 und für die vom 13. November 2007 bis 10. Januar 2008 vollzogene Untersuchungshaft eine Entschädigung zu gewähren ist.
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt, soweit die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wurde; im Übrigen blieb die Kostenentscheidung der endgültigen Sachentscheidung vorbehalten.
II.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, jedoch unbegründet.
1.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die der Senat teilt, hat die Wirtschaftsstrafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich der in der Anklage unter I. und II. aufgeführten Vorwürfe abgelehnt. Durchgreifende Gründe für eine andere Beurteilung des für die Eröffnung erforderlichen hinreichenden Tatverdachts zeigt letztlich auch die sofortige Beschwerde nicht auf.
a) Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn ein Angeschuldigter nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht besteht, wenn die vorläufige Tatbewertung eine Wahrscheinlichkeit für eine spätere Verurteilung ergibt. Das ist dahin zu präzisieren, dass entweder die Verurteilung überwiegend wahrscheinlich erscheinen oder ein Zweifelsfall mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit von Verurteilung und Nichtverurteilung vorliegen muss, zu dessen Klärung die besonderen Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung notwendig sind (OLG Stuttgart, Die Justiz 2011, 218). Eine Eröffnung kommt dann nicht in Betracht, wenn bei unterstellter konstanter Beweislage ein Freispruch wahrscheinlicher ist als eine Verurteilung (Schneider in Karlsruher Kommentar StPO, 7. Aufl., § 203 Rn. 4).
Die in der Hauptverhandlung zu erweisenden Tatsachen, aus denen sich die Strafbarkeit der Angeschuldigten ergeben soll, müssen unter Zugrundelegung des gesamten Akteninhalts für das eröffnende Gericht wahrscheinlich sein. Dieses Wahrscheinlichkeitsurteil lässt seiner Natur nach die Möglichkeit von Zweifeln offen, so dass für die unmittelbare Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" im Eröffnungsverfahren kein Raum ist (Stuckenberg in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 203 Rn. 12). Allerdings bedarf es zusätzlich zu de...