Leitsatz (amtlich)
1. Die in seiner Sphäre entstandenen Gefahren für die Beeinträchtigung fremder Rechte hat der Unterlassungsschuldner zu beseitigen. Er kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dies sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden.
2. Der Unterlassungsschuldner ist gehalten, für die Beseitigung der in seiner Verantwortung in das Internet eingestellten, gerichtlich verbotenen Aussagen aus dem "Cache" der Suchmaschinenbetreiber zu sorgen.
3. Er genügt seiner Pflicht nur, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten an der Stelle des Vollstreckungsschuldners damit zu rechnen ist, dass die ergriffenen Maßnahmen sicher dazu führen, dass sich die in der Vergangenheit gesetzte Gefahr einer erneuten Verbreitung der unlauteren Aussage im Internet nicht verwirklichen wird.
4. Neben einer Androhung von Sanktionen gegenüber dem zur Löschung Aufgeforderten ist es geboten, dass der Verantwortliche zeitnah überwacht, ob die gebotene Löschung erfolgt ist. Gegebenenfalls müssen angedrohte Sanktionen auch umgesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.2013 - I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067, Rn. 18 - Beschwer des Unterlassungsschuldners).
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 04.03.2015; Aktenzeichen 36 O 18/14 KH) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Vollstreckungsschuldnerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 36. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 04.3.2015 (Az.: 36 O 18/14 KfH) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Vollstreckungsschuldnerin.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 25.000,- EUR.
Gründe
I.1. Das LG hat dem auf Ziffer 1b des Tenors des Teilanerkenntnis- und Schlussurteils des LG Stuttgart vom 21.8.2014 gestützten Ordnungsmittelantrag der Vollstreckungsgläubigerin gegen die Vollstreckungsschuldnerin stattgegeben und gegen sie ein Ordnungsgeld in Höhe von 25.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, festgesetzt. Den Ordnungsmittelantrag gegen den Vollstreckungsschuldner, den Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin, hat es zurückgewiesen. Wegen der Begründung nimmt der Senat Bezug auf den Ordnungsmittelbeschluss vom 04.3.2015, um Wiederholungen zu vermeiden, wegen des Verfahrensganges auf den Nichtabhilfebeschluss des LG Stuttgart vom 31.8.2015.
2. Gegen den Ordnungsmittelbeschluss hat die Vollstreckungsschuldnerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt und hierzu im Kern ausgeführt:
Zu Unrecht sei das LG davon ausgegangen, dass die Vollstreckungsschuldnerin S. GmbH Zuwiderhandlungen gegen den Entscheidungstenor gem. Ziff. 1b des Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteils des LG Stuttgart vom 21.8.2014 begangen habe.
Sie habe den Vortrag der Vollstreckungsgläubigerin zu Verstößen widerlegt gehabt. Das Gericht habe ihr dann keine Gelegenheit mehr gegeben, auch zu dem weiteren Schriftsatz der Gläubigerin vom 16.2.2015 Stellung zu nehmen.
Eine Haftung der Vollstreckungsschuldnerin für Inhalte, die sich nur noch im Google-Cache befinden, scheide aus. Sie dürfe sich darauf verlassen, dass die Suchmaschinenbetreiber laufend ihren Datenbestand aktualisierten.
Eine ständige Recherche wäre nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unzumutbar.
Am 07.10.2014 und jedenfalls im Zeitpunkt der Beschwerdebegründung seien keine der genannten Seiten mehr bei Google auffindbar, außer der zum Presseartikel "Medizin studieren trotz Ablehnungsbescheid" erfolgten Pressemitteilung auf dem Presseportal www.k.de (S 1). Bezüglich dieses habe die Vollstreckungsschuldnerin mehrfach die Löschung gefordert, zuletzt auch unter Androhung rechtlicher Schritte, ohne dass hierauf eine Reaktion des Portalbetreibers erfolgt wäre (S 2). Die mit der Beseitigung beauftragte Marketingagentur habe mehrfach telefonisch versucht, den Portalbetreiber zu erreichen und ihn fernmündlich zur Löschung aufzufordern, sei aber in einer Dauerwarteschleife gelandet. Dem Prozessbevollmächtigten gegenüber habe der Portalbetreiber ein weiteres Vorgehen abgelehnt.
Für Veröffentlichungen auf Presseportalen, in denen sie den betreffenden Artikel nicht eingestellt habe, könne die Vollstreckungsschuldnerin nicht verantwortlich gemacht werden.
Durch Verknüpfungen mache sich die Vollstreckungsschuldnerin nicht wie von der Vollstreckungsgläubigerin vermeint, Artikel zu eigen.
Ein Verschulden treffe sie nicht. Es gebe eine Literaturmeinung und obergerichtliche Rechtsprechung, welche eine Suchpflicht nach Einträgen in Cache-Speichern verneine. Darauf habe die Vollstreckungsschuldnerin vertrauen dürfen.
Selbst bei vereinzelten Zuwiderhandlungen wäre das verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 25.000 EUR für einen Erstverstoß unverhältnismäßig. Die Kammer habe bei der Bemessung offensichtlich nicht berücksichtigt, dass es originär mehr als hundert Einträge auf unterschiedlichen Online-Presseportalen gegeben habe, von denen selbst nach dem Vortrag der Vollstreckungsgläubigerin nur noch vereinzelte zum Zeitpunkt der Einreichung des Ordnungsmittelantrags abru...