Leitsatz (amtlich)

Wird eine Grundstücksgemeinschaft durch Prozessvergleich auseinandergesetzt, so bemisst sich der Vergleichswert nach dem wirtschaftlichen Interesse der die Auseinandersetzung betreibenden Partei. Dies gilt entspr. für den Vergleichsmehrwert, der festzusetzen ist, weil der Auseinandersetzungsanspruch nicht Klagegegenstand war.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 11.02.2003; Aktenzeichen 7 O 47/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Streitwertbeschluss der 7. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 11.2.2003 i.d.F. des Beschlusses vom 11.8.2003 dahin abgeändert, dass der Vergleichsmehrwert festgesetzt wird auf 531.905,21 Euro.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit Beschluss vom 11.2.2003 hatte das LG den Streitwert auf 142.477,17 Euro und den darüber hinausgehenden Vergleichswert auf 100.000 Euro festgesetzt. Mit Beschluss vom 11.8.2003 half das LG der Streitwertbeschwerde der Beklagtenvertreter vom 5.6.2003 teilweise ab und setzte den Vergleichsmehrwert auf 434.034,37 Euro fest. Wegen der weiter gehenden Beschwerde legte es die Akten dem OLG zur Entscheidung vor.

Die Beschwerde der Beklagtenvertreter ist zulässig (§ 9 Abs. 2 BRAGO) und teilweise begründet. Der Vergleichsmehrwert beträgt 531.905,21 Euro, der sich folgendermaßen ergibt:

Die Auseinandersetzung der Grundstücksgemeinschaften hat einen Wert von 613.550,03 Euro. Dies ist die Hälfte des Gesamtwertes der beiden Grundstücke von 1.227.100,05 Euro. Entgegen der Ansicht der Beklagtenvertreter ist nicht der volle Grundstückswert anzusetzen. Maßgebend ist (i.V.m. § 12 Abs. 1 GKG) § 3 ZPO.

Grundlage der Festsetzung sind nicht, wie die Beklagtenvertreter meinen, die Vorschriften der Kostenordnung, die gem. § 8 Abs. 2 BRAGO anzuwenden seien, weil die Verteilung der Grundstücke nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne. Selbstverständlich können Grundstücksgemeinschaften gerichtlich auseinandergesetzt werden, etwa durch Klage auf Zustimmung zu einem Teilungsplan, zum Verkauf oder zur Versteigerung. Im Übrigen ergäbe sich aus der gewünschten Anwendung von § 39 Abs. 2 KostO, sieht man einmal davon ab, dass es hier nicht um den dort geregelten Austauschvertrag geht, ebenfalls kein Geschäftswert i.H.d. vollen, sondern nur i.H.d. halben Wertes der Grundstücke.

Es ist nahezu einhellige Auffassung, dass bei der Klage auf Auseinandersetzung einer Gemeinschaft der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers und damit nach dem Wert des von diesem begehrten Anteils zu bemessen ist, wobei es keinen Unterschied macht, ob es um die Auseinandersetzung einer Bruchteils- oder einer Gesamthandsgemeinschaft geht (BGH NJW 1975, 1415; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 300 ff). Dies gilt auch im Falle eines Vergleichs, selbst wenn, was hier nicht einmal der Fall ist, im Vergleich die Auflassung von Grundstücken erklärt wird (OLG Frankfurt, Kostenrechtsprechung ZPO, § 3 Nr. 445; OLG Koblenz JurBüro 1991, 103 und Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 4625). Dies gilt auch dann, wenn es um den aufgrund von § 21 GKG i.V.m. Nr. 1653 KV GKG festzusetzenden Vergleichsmehrwert geht. Ebenso wie bei identischem Gegenstand der Streitwert für den Vergleich nicht höher als der Verfahrensstreitwert sein kann, kann der Streitwert für einen Vergleich, der die klagegegenständlichen Ansprüche regelt, nicht anders bemessen werden wie der Mehrwert für einen identischen Vergleich, nur weil im vorangegangenen streitigen Verfahren die verglichenen Ansprüche nicht Klagegegenstand waren.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise führt dazu, der Wertfestsetzung den halben Wert der beiden Grundstücke zu Grunde zu legen. Darauf ist das sich aus dem Vergleich ergebende Interesse beider Parteien gerichtet. Es kommt nicht, weil die Gemeinschaften mit dem entsprechenden Wert auseinandergesetzt wurden, auf den Gesamtwert der Grundstücke an. Vielmehr ist der Mehrwert so zu berechnen, wie wenn der Kläger seinem wirklichen Interesse entspr. die Aufhebung der Grundstücksgemeinschaften klageweise betrieben hätte. Nachdem er und die Beklagte sowohl an dem in Bruchteilsgemeinschaft gehaltenen Grundstück wie an der BGB-Gesellschaft, die das zweite Grundstück in Gesamthandseigentum hielt, je zur Hälfte beteiligt waren und bei der Auseinandersetzung keinen höheren Anteil erwarteten, ist der hälftige Grundstückswert der Streit- bzw. Vergleichswert.

Der Wert der Grundstücke ist nicht um den vorhandener Belastungen zu reduzieren. Dabei kann dahinstehen, ob, weil es um Grundstücke geht, auf den nach § 6 ZPO maßgeblichen Verkehrswert abzustellen ist, bei dessen Ermittlung Belastungen regelmäßig nicht abgezogen werden oder ob die wirtschaftliche Betrachtungsweise gem. § 3 ZPO streng durchzuhalten ist und Belastungen abzuziehen sind. Die hier vorhandenen Grundschulden sichern nur persönliche Schulden entweder des Klägers oder der Beklagten. Gemeinsame Verbindlichkeiten der Parteien ...

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