Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung des einen Dorfladen betreibenden Vereins in das Vereinsregister
Leitsatz (amtlich)
Die wirtschaftliche Betätigung eines Vereins, der einen Dorfladen betreibt, steht seiner Eintragung in das Vereinsregister nicht entgegen, sofern und solange sie zur Verfolgung des ideellen Vereinszwecks eingesetzt wird.
Normenkette
BGB § 21
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Beschluss vom 15.04.2021; Aktenzeichen 55 AR 7457/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers werden der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Stuttgart vom 15. April 2021, Az.: 55 AR 7457/20, und der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Stuttgart vom 21. Juni 2021, Az.: 55 AR 7457/20, aufgehoben.
2. Das Amtsgericht - Registergericht - Stuttgart wird angewiesen, über die Anmeldung vom 5. Mai 2020 zur Neueintragung des Vereins "Nahtur-Laden" unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
3. Das Beschwerdefahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 5000,00 EUR
Gründe
Die Beteiligten Ziffer 2 und Ziffer 3 bilden den Vorstand des Vereins "N.-Laden" in B. Am 5. Mai 2020 haben die Beteiligten Ziffer 2 und Ziffer 3 den Verein "N.-Laden" beim Amtsgericht - Registergericht - Stuttgart zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet.
Die (geänderte) Satzung vom 22. Juni 2020 regelt auszugsweise:
Präambel
In der Gemeinde B. haben sich Bürgerinnen und Bürger zusammengeschlossen, um eine nachhaltige Einkaufsmöglichkeit in der Ortsmitte im Ortsteil von Bs. zu schaffen. Diese soll ehrenamtlich und in Form eines Vereins betrieben werden. Ziel ist es, eine ortsnahe Versorgung mit Waren lokaler Erzeuger zu ermöglichen, aber ebenso eine soziale Funktion für das gemeinschaftliche Miteinander am Ort zu übernehmen.
[...]
§ 2 Zweck des Vereins
1. Zweck des Vereins ist die Verbesserung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Dingen des täglichen Bedarfs und die damit verbundene Erhöhung der Lebensqualität in B.
2. [...]
3. Der Verein arbeitet nicht gewinnorientiert und ist daher nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 22 BGB ausgerichtet. Im Falle von Überschüssen werden diese im Sinne des Vereinszweckes verwendet.
[...]
6. Der Verein ermöglicht durch den Betrieb des Ladens die Belebung der Dorfmitte und schafft Raum für weitere soziale Aktivitäten wie Tauschbörsen oder Austauschplattformen.
[...]
Mit Beschluss vom 14. April 2021 hat das Amtsgericht - Registergericht - Stuttgart die Anmeldung zurückgewiesen, weil davon auszugehen sei, dass kein Idealverein (§ 21 BGB), sondern ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) vorliege.
Hiergegen wendet sich der Beteiligten Ziffer 1 mit der Beschwerde vom 18. Mai 2021, auf deren Begründung verwiesen wird. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren mit Beschluss vom 21. Juni 2021 dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Sachverhaltsdarstellung im Einzelnen wird Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss und den übrigen Akteninhalt.
1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 374 Nr. 4, 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht erhoben worden. Bei der Zurückweisung des Eintragungsantrages kann der betroffene Verein als Vorverein auch Rechtsmittel einlegen, obwohl er die Rechtsfähigkeit noch nicht erlangt hat (OLG Celle, Beschluss vom 6.10.2021 - 9 W 99/21; Meyer-Holz in Keidel FamFG, 20. Aufl. 2020, FamFG, § 59 Rn. 87).
2. Die Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Registergerichts kann der Beschwerdeführer Ziffer 1 als Idealverein im Sinne des § 21 BGB, also als Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, angesehen werden.
a. Für die Unterscheidung zwischen nichtwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Verein kommt es darauf an, ob der Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Schöpflin in BeckOK BGB, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 21 Rn. 93; Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Teil 1 3. 3.1 Verein Rn. 43). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt vor, "wenn der Verein planmäßig, auf Dauer angelegt und nach außen gerichtet, d.h. über den vereinsinternen Bereich hinausgehend, eigenunternehmerische Tätigkeiten entfaltet, die auf die Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder abzielen" (Mansel in Jauernig, 18. Aufl. 2021, BGB § 21 Rn. 4; BGH NJW-RR 2018, 1376, BayObLG NJW-RR 1999, 765). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist dann nicht eintragungshindernd, wenn er nur eine Nebentätigkeit gegenüber der nichtunternehmerischen Haupttätigkeit des Vereins darstellt (Nebenzweck-, besser Nebentätigkeitsprivileg: BGH NJW 1955, 422; BGH NJW 1983, 569; BGH NJW 2017, 1943; Ellenberger in Grüneberg, 81. Auflage 2022, BGB, § 21 Rn. 4; Schöpflin in BeckOK BGB, 60. Ed. 1.11.2021, BG...