Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Berücksichtigung angeordneter Prozesskostenhilfe-Raten bei der Berechnung von Prozesskostenhilfe-Raten in einem weiteren Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Sorgerechtssache bei gleichzeitig anhängigem Scheidungsverfahren nicht als Folgesache behandelt, über die im Scheidungsverbund zu befinden ist, sondern als selbständige Familiensache, dann sind die in dem einen Verfahren angeordneten Prozesskostenhilfe-Raten in dem anderen für die Berechnung der dortigen Prozesskostenhilfe-Raten lediglich als besondere Belastung zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1-2, § 621 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 623 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 S. 2; BGB § 1671 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Balingen (Beschluss vom 19.12.2008; Aktenzeichen 3 F 224/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG Balingen - FamG - vom 19.12.2008 - 3 F 224/08, wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. Am 18.7.2008 reichte der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen Scheidungsantrag ein, der noch nicht beschieden ist und unter dem Aktenzeichen 3 F 222/08 beim FamG Balingen geführt wird. Der Antragsgegnerin wurde Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 11.9.2008 bewilligt mit einer monatlichen Ratenzahlungspflicht von 60 EUR.
Ebenfalls am 18.7.2008 ging ein Antrag des Antragstellers unter dem Aktenzeichen 3 F 224/08 beim FamG Balingen ein auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden mit dem Hauptsacheantrag zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der minderjährigen Kinder der Parteien auf den Antragsteller. In diesem Verfahren wurde getrennt verhandelt am 14.8.2008 und eine das Verfahren erledigende Vereinbarung mit Kostenaufhebung getroffen. Mit Beschluss vom 11.9.2008 wurde der Antragsgegnerin wiederum Prozesskostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlungspflicht von 60 EUR bewilligt. Hiergegen wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
Am 25.11.2008 machte die Antragsgegnerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten im letzteren Verfahren geltend, dass sie nicht zweimal 60 EUR zahlen könne und bat um Überprüfung. Hierauf änderte die Rechtspflegerin den Bewilligungsbeschluss dahin ab, dass die monatlichen Raten auf 45 EUR, zahlbar ab 1.1.2009, reduziert werden.
Gegen die am 23.12.2008 zugestellte Entscheidung hat die Antragsgegnerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten am 20.1.2009 Beschwerde eingelegt.
Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG), insbesondere liegt die erforderliche Beschwer der Antragsgegnerin vor.
Zwar wurde die Ratenhöhe ggü. dem richterlichen Bewilligungsbeschluss im Nachverfahren herabgesetzt, wodurch die Antragsgegnerin nicht beschwert, sondern begünstigt wird. Auszugehen ist aber von ihrem Begehren, Raten in dem Verfahren bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht zu erheben, solange sie solche im Scheidungsverfahren zu zahlen hat. Diesem Anliegen wurde nicht entsprochen, sondern eine reduzierte Ratenhöhe festgesetzt, durch die sie im Vergleich zum angestrebten Ziel ihres Antrags beschwert ist.
Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Die Familienrichterin hat ein gem. § 115 Abs. 1 ZPO einzusetzendes Einkommen von 190 EUR ermittelt. Hiervon geht auch die Antragsgegnerin aus.
Sie vertritt jedoch die Auffassung, dass sie entsprechend der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO aus diesem Einkommen nur einmal mit monatlich 60 EUR im Rahmen einer Prozesskostenhilfebewilligung belastet werden kann.
§ 115 Abs. 2 ZPO besagt, dass von dem einzusetzenden Einkommen unabhängig von der Zahl der Rechtszüge höchstens 48 Monatsraten entsprechend der angefügten Tabelle aufzubringen sind. Die Vorschrift beschränkt sich dabei auf ein Verfahren - unabhängig von dessen Anzahl der Rechtszüge, nicht aber auf verschiedene Verfahren, denn es heißt dort nicht "unabhängig von der Zahl der Rechtsstreitigkeiten/Verfahren".
Die Kostensperre gilt nach § 115 Abs. 2 ZPO damit nur unabhängig von der Zahl der Rechtszüge des selben Verfahrens. Führt die Partei dagegen verschiedene Prozesse, so hat sie für jeden bis zu 48 Raten zu zahlen. Bei der Bewilligung der späteren - oder hier: gleichzeitigen - Prozesskostenhilfe sind jedoch die Ratenzahlungen aus der vorhergehenden - oder anderen - Bewilligung als besondere Belastung zu berücksichtigen (Philippi in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 115 Rz. 43 und 40; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rz. 307; je m.w.N.; Motzer in MünchKomm/ZPO, Bd. 1, 3. Aufl. 2008, § 115 Rz. 42).
Die Begrenzung auf 48 Monatsraten gilt, wenn es um den selben Streitgegenstand geht. Einheitliche Verfahren sind insoweit die verschiedenen Stufen einer Stufenklage (Philippi, a.a.O., § 115 Rz. 43; Kalthoener/Büttner/Wro...