Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentümergemeinschaft. Bestellung eines Notverwalters. Geschäftswertfestsetzung

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Beschluss vom 13.12.2002; Aktenzeichen 5 T 310/02)

AG Tübingen (Beschluss vom 24.10.2002; Aktenzeichen 9 GR 81/02)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller (Beteiligte Ziffer 1 – 3) wird – unter A b ä n d e r u n g des Beschlusses der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 13. Dezember 2002 und des Beschlusses des Amtsrichters beim Amtsgericht Tübingen vom 24.10.2002 – der Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz auf 2.880,00 EUR f e s t g e s e t z t.

2. Im übrigen wird die weitere Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller z u r ü c k g e w i e s e n.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht für die aus einer Bauherrengesellschaft hervorgegangene Eigentümergemeinschaft durch Beschluss vom 13.9.2002 einen Notverwalter nach § 26 Abs. 3 WEG bestellt. Auf der vom Notverwalter einberufenen Eigentümerversammlung wurde der Beteiligte Ziffer 12 zum „ordentlichen” Verwalter bestellt. Der Notverwalter hat für seine Tätigkeit eine Vergütung (einschließlich Mehrwertsteuer) in Höhe von 953,52 EUR berechnet.

Durch (gesonderten) Beschluss vom 24.10.2002 hat der Amtsrichter unter Bezugnahme der Vergütung des Notverwalters den Geschäftswert des Verfahrens auf 1.000,– EUR festgesetzt (Bl. 153 d.A.) Dagegen hat sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller mit der ausdrücklich im eigenen Namen erhobenen „sofortigen Beschwerde” vom 9.11.2002 gewandt und eine Heraufsetzung des Geschäftswerts auf die Vergütung des bestellten Verwalters für drei Jahre in Höhe von 8.640,– EUR beantragt.

Nachdem der Amtsrichter durch Beschluss vom 19.11.2002 der (unbefristeten) Geschäftswertbeschwerde des Antragstellervertreters nicht abgeholfen hatte, hat das Landgericht das Kostenrechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen und zugleich die weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht zugelassen. Der Antragstellervertreter verfolgt mit der weiteren Beschwerde vom 20.12.2002 sein Begehren auf eine Erhöhung des Geschäftswerts auf 8.640,– EUR weiter. Die Beschwerdegegner haben sich zu diesem Begehren auch im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht geäußert.

2. Das – zugelassene – Kostenrechtsmittel des Antragstellervertreters ist statthaft und zulässig (§§ 31 Abs. 3 Satz 1, 14 Abs. 3 Satz 2, 3 KostO). Der Senat ist an die Zulassung durch das Beschwerdegericht gebunden. Darüber hinaus ist eine gefestigte Rechtsprechung zu dieser Frage nicht feststellbar.

Die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers und seine Beschwer ergeben sich aus § 9 Abs. 2 BRAGO.

Das als Rechtsbeschwerde ausgestaltete Kostenrechtsmittel des Beschwerdeführers hat in der Sache teilweise Erfolg.

Zutreffend ist der rechtliche Ansatz der Vorinstanzen, nämlich dass der Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 WEG unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten zu bemessen ist. Rechtsfehlerfrei ist weiter die Ansicht von Amts- und Landgericht, dass die tatsächlichen Probleme, die ein ordentlicher, über die Notverwalterbestellung berufener Verwalter für die Gemeinschaft zu bewältigen hat, für die Bemessung des Geschäftswert keine unmittelbare Erheblichkeit haben kann.

Die weitere Erwägung der Vorinstanzen, für die Bemessung dieses Interesses sei die dem Notverwalter geschuldete Vergütung der maßgebliche Anknüpfungspunkt, hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar trifft es zu, dass für Streitigkeiten mit dem Verwalter die von der Gemeinschaft noch zu zahlende Verwaltervergütung in der Regel ein tauglicher Maßstab für die Bemessung des Interesses nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG ist (vgl. Niedenführ / Schulze, WEG 6. Aufl., Rn 45; Bärmann / Pick / Merle, WEG 8. Aufl., Rn 44; Staudinger / Wenzel, WEG (1997) Rn 22, je zu § 48 WEG, je mit RsprNw).

Jedoch ist es nach Ansicht des Senats rechtlich verfehlt, diese Erwägungen auf das vorliegende Notverwalter-Bestellungsverfahren zu übertragen. Das Interesse der Eigentümer an einer Notverwalterbestellung geht dahin, mit Hilfe dieses „Rechtsbehelfs” eine den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung entsprechende Funktionsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft zu erlangen. Dazu gehört die zwingend vorgeschriebene Bestellung eines „ordentlichen” Verwalters (§§ 20 Abs. 2 iVm Abs. 1, 26ff WEG). Das Interesse der Gemeinschaft zielt also dahin, den irregulären Zustand der Notverwaltung möglichst kurz zu halten und so schnell wie möglich den gesetzlich vorgeschriebenen Regelzustand zu erreichen. Dieses Interesse nach der Höhe der (am Ende der Notverwaltung tatsächlich in Rechnung gestellten) Vergütung des Notverwalters zu bemessen, setzt an einem unzutreffenden Maßstab an; die vielfach von Zufälligkeiten (oder auch von den Fähigkeiten des bestellten Notverwalters) abhängige Dauer der Notverwaltung ist nach Ansicht des ...

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