Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien in einem Prozessvergleich die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gesondert geregelt, so erstreckt sich die für den Vergleich vereinbarte Kostenaufhebung auch auf die Verfahrensdifferenzgebühr nach RVG-VV Nr. 3101 Nr. 2.

2. Auch die Terminsgebühr ist in diesem Fall regelmäßig nicht aus dem höheren Vergleichswert, sondern nur aus dem Wert der rechtshängigen Klageforderung zu erstatten.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Aktenzeichen 21 O 26/16 KfH)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Heilbronn vom 02.05.2017 (Az.: 21 O 26/16) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Im Hauptsacheverfahren schlossen die Parteien vor dem Landgericht Heilbronn einen Prozessvergleich mit folgender Kostenregelung:

"Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Ausgenommen hiervon sind lediglich die Kosten dieses Vergleichs, die gegeneinander aufgehoben werden."

Der Streitwert wurde auf 11.301,24 EUR, der Mehrwert des Vergleichs auf 7.611,77 EUR festgesetzt.

Von der Rechtspflegerin des Landgerichts wurden auf Antrag der Klägerin eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr jeweils aus einem Streitwert von 11.301,24 EUR EUR zuzügl. Postpauschale mit Beschluss vom 02.05.2017 festgesetzt. Die beantragte Festsetzung der Verfahrensdifferenzgebühr gem. RVG VV Nr. 3101 Nr. 2 aus dem Mehrwert und der Terminsgebühr aus dem Streitwert von 18.913,01 EUR - statt aus dem Streitwert von 11.301,24 EUR - hat die Rechtspflegerin abgelehnt.

Gegen diese den Klägervertretern am 31.05.2017 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.06.2017, eingegangen bei dem Landgericht am 02.06.2017, sofortige Beschwerde eingelegt, der die Rechtspflegerin des Landgerichts mit Beschluss vom 04.07.2017 nicht abgeholfen hat.

II.

Die gem. §§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr auf Grundlage des Streitwertes von 11.301,24 EUR festgesetzt und die Festsetzung der Verfahrensdifferenzgebühr gem. RVG VV Nr. 3101 Nr. 2 und der Terminsgebühr aus dem Streitwert von 18.913,01 EUR - statt aus dem Streitwert von 11.301,24 EUR - unter Hinweis auf die von den Parteien im Vergleich getroffene Regelung der Kosten des Vergleichs abgelehnt.

Der Umfang der Kostenerstattung richtet sich nach der Vereinbarung der Parteien im Vergleich. Es ist deshalb streng dahingehend zu unterscheiden, welche Gebühren einerseits entstanden und welche Gebühren andererseits vom unterlegenen Prozessgegner zu erstatten sind. Da vorliegend die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben zu gelten haben, d. h. jede Partei die Kosten insoweit selbst zu tragen hat und ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner insoweit ausscheidet, sind die allein durch den Vergleich entstandenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig.

Das Beschwerdegericht schließt sich der - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Stuttgart/8. Zivilsenat, Beschluss vom 21.01.2013 - 8 W 21/13, Beschluss vom 21.10.2015 - 8 W 377/15, jeweils nicht veröff.; OLG Köln MDR 2010, 114; OLG Koblenz JurBüro 2007, 138; OLGR Celle 2009, 116; OLG München FamRZ 2006, 1695) an, wonach eine Vereinbarung, mit der die Kosten eines Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden, regelmäßig dahin auszulegen ist, dass die etwaigen durch die Verhandlungen über die nicht rechtshängigen Ansprüche (aus dem Mehrwert des Vergleichs) verdienten anwaltlichen Gebühren bzw. Gebührenerhöhungen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind. Die Klägervertreter weisen zwar zu Recht darauf hin, dass die Terminsgebühr aus dem erhöhten Gegenstandswert für die Verhandlungen über nicht streitgegenständliche Ansprüche unabhängig davon anfällt, ob ein Vergleich zustande kommt (BGH NJW-RR 2007, 286, 1149). Die durch die Vergleichsverhandlungen über nicht streitgegenständliche Ansprüche entstehenden Mehrkosten sind jedoch nicht Kosten des Rechtsstreits und können daher in der Regel nicht nach §§ 103 f. ZPO festgesetzt werden (BGH NJW-RR 2005, 1731). Eine Festsetzung ist erst dadurch möglich, dass diese Kosten - wie vorliegend - in den Vergleich einbezogen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus GKG-KV Nr. 1812.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10970674

NJW-RR 2017, 1151

JurBüro 2017, 486

Rpfleger 2018, 113

Rpfleger 2018, 2

ZfS 2017, 588

AGS 2017, 435

Die Justiz 2018, 458

RVGreport 2017, 395

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge