Verfahrensgang
LG Tübingen (Beschluss vom 29.03.2023; Aktenzeichen 4 O 57/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 29.03.2023 wie folgt abgeändert: Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist begründet. Bei der nach den Maßstäben des § 91a ZPO zu treffenden Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
I. Zwar ist im Rahmen dieser Ermessensentscheidung die Wertung des § 93 ZPO zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass derjenige, der durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und den prozessualen Anspruch sofort anerkennt, auch bei einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO insoweit nicht mit Kosten belastet wird (Senatsbeschluss vom 22. Februar 2018 - 2 W 37/17, juris Rn. 31). Die Antragsgegnerin hat zur Einreichung des Verfügungsantrags jedoch Anlass gegeben.
Veranlassung zur Klageerhebung gibt eine Partei, wenn ihr Verhalten aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (BGH, Beschluss vom 30. Mai 2006 - VI ZB 64/05, juris Rn. 10). Die Antragsgegnerin hat mit ihrem Anwaltsschreiben vom 13.02.2023 nach fruchtlosem Ablauf der vom Antragsteller bis 26.01.2023 gesetzten Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eindeutig und endgültig die Abgabe einer Unterwerfungserklärung verweigert und den Ersatz ihrer vorgerichtlichen Abwehrkosten verlangt. In seinem anwaltlichen Antwortschreiben vom 14.02.2023 hat der Antragsteller lediglich für die Zahlung seiner Abmahnkosten eine Frist bis zum 21.02.2023 gesetzt, nicht aber zum Ausdruck gebracht, dass er der Antragsgegnerin trotz des Ablaufs der ursprünglichen Stellungnahmefrist und trotz der endgültigen Weigerung, eine Unterwerfungserklärung abzugeben, doch noch einmal bis 21.02.2023 Gelegenheit geben wolle, eine Unterwerfungserklärung abzugeben.
Hat aber die Antragsgegnerin nicht nur die Frist zur Abgabe der Unterwerfungserklärung verstreichen lassen, sondern nach deren Ablauf auch noch ausdrücklich erklärt, dass sie eine Unterlassungserklärung nicht abgeben werde, durfte die Antragstellerin davon ausgehen, dass sie ohne gerichtliche Hilfe ihren Unterlassungsanspruch nicht werde durchsetzen können.
II. Bei der nach den Maßstäben des § 91a ZPO zu treffenden Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 1. März 2007 - I ZR 249/02, juris Rn. 12). In der Regel wird derjenige die Kosten zu tragen haben, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen aufzuerlegen gewesen wären (OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021 - 9 U 34/21, juris Rn. 70). Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 08. Mai 2003 - I ZB 40/02, juris Rn. 13). Maßgebend ist der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (BGH, Urteil vom 15. Februar 2019 - V ZR 71/18, juris Rn. 12).
Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der bei Google angezeigte Treffer "Lisett Weimar | Systematischer Coach + Psychotherapeutin..." im Sinne von § 5 Absatz 2 Nr. 3 UWG irreführend war. Hierfür haftet die Antragsgegnerin. Schuldner der in § 8 Absatz 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (BGH, Urteil vom 15. April 2021 - I ZR 134/20, juris Rn. 30). Die Antragsgegnerin hat den irreführenden Suchmaschineneintrag adäquat kausal verursacht, indem sie in den Metadaten der Homepage als Titel folgende Angaben gewählt hat: "Lisett Weimar | Systemischer Coach + Psychotherapeutin (HeilprG)". Sie musste ohne weiteres damit rechnen, dass eine Suchmaschine den anzuzeigenden Treffer aus diesen Metadaten generieren und - schon aus Darstellungsgründen - nur in abgekürzter - irreführender - Form wiedergeben könnte.
Fundstellen
ZAP 2024, 569 |
MMR 2023, 852 |