Leitsatz (amtlich)

Dem Sachverständigen steht für seine Anhörung im Rahmen des Ablehnungsverfahrens eine Vergütung grundsätzlich nicht zu. Er ist jedoch ausnahmsweise dann zu entschädigen, wenn seine Anhörung für eine sachgerechte Entscheidung über die Ablehnungsbeschwerde zwingend erforderlich ist und er wie ein Zeuge zu eigenen Wahrnehmungen angehört wird. Er erhält in diesem Fall keine Vergütung als Sachverständiger gem. §§ 8 ff. JVEG, sondern eine Entschädigung wie ein Zeuge nach den §§ 19 ff. JVEG.

 

Normenkette

ZPO § 406; JVEG §§ 8, 19

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Aktenzeichen 4 OH 7/06)

 

Tenor

1. Die Entschädigung des Sachverständigen für seine Vernehmung durch den Senat am 21.5.2007 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über das Ablehnungsgesuch der Antragsgegner gegen den Sachverständigen wird auf 176,50 EUR festgesetzt.

2. Das Festsetzungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. In dem selbständigen Beweisverfahren des LG Ulm, AZ: 4 OH 7/06 war Dipl.-Ingenieur (FH) F. mit Beschluss vom 4.9.2006 zum Sachverständigen bestellt worden. Nach Vorlage seines schriftlichen Gutachtens wurde von den Antragsgegnern gegen den Sachverständigen ein Ablehnungsgesuch eingereicht, das mit Beschluss des LG Ulm vom 7.3.2007 für unbegründet erklärt wurde. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat der Senat Termin anberaumt und neben dem Zeugen U. gem. § 273 ZPO den Sachverständigen zu folgendem Thema geladen: "Anhörung zum Befangenheitsantrag: Inhalt des Telefongesprächs mit Dipl. Ing. U.". Nach Anhörung des Zeugen U. und des Sachverständigen zum Inhalt der Telefongespräche zwischen dem Zeugen und dem Sachverständigen hat der Sachverständige mit Schreiben vom 23.5.2007 eine Vergütung i.H.v. insgesamt 1.049,42 EUR, darunter 3,75 Stunden Aktenstudium und 6,5 Stunden Gerichtstermin zu je 75 EUR sowie Fahrt- und Reisekosten i.H.v. 79,50 EUR, geltend gemacht.

Der Senat hat darauf hingewiesen, dass eine Entschädigung des Sachverständigen entsprechend der Entschädigungsvorschriften für Zeugen in Betracht komme. Der Sachverständige und die Bezirksrevisorin haben hierzu Stellung genommen.

II. Der Senat hält die gerichtliche Festsetzung der Ansprüche des Sachverständigen aufgrund seiner Anhörung im Beschwerdeverfahren über das gegen den Sachverständigen gerichtete Ablehnungsgesuch gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 letzte Variante JVEG für angemessen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Einzelrichter mit Beschluss vom heutigen Tag das Verfahren gem. § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG dem Senat zur Entscheidung übertragen.

Der Senat teilt die mehrheitlich vertretene Auffassung, dass der Sachverständige für die gerichtlich erbetene Stellungnahme zu einem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch einer Partei grundsätzlich keine Entschädigung erhält, da die zu entschädigende Leistung des Sachverständigen in der schriftlichen oder mündlichen Erstattung des Gutachtens besteht (OLG Düsseldorf MDR 1994, 1050, OLG Köln, VersR 1995, 1508; OLG München MDR 1994, 1050).

Nach dieser auf den Gegenstand der Tätigkeit des Sachverständigen abstellenden, sich am Wortlaut des JVEG orientierenden überzeugenden Auffassung scheidet grundsätzlich auch eine Vergütung des Sachverständigen für seine Anhörung im Rahmen des Ablehnungsverfahrens aus, weil es sich dabei nicht um eine die Gutachtenerstellung unterstützende Tätigkeit gehandelt hat. Eine Ausnahme hiervon hält der Senat dann für gerechtfertigt, wenn die Anhörung des Sachverständigen für eine sachgerechte Entscheidung über die Ablehnungsbeschwerde zwingend erforderlich ist und der Sachverständige wie ein Zeuge zu eigenen Wahrnehmungen angehört wird.

a) Zwar wurde der Sachverständige vom Senat nicht als Zeuge geladen und ihm als Sachverständigen stand es frei, ob er sich zu dem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch äußert (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl., § 406 Rz. 12a). Vorliegend bedurfte es der Anhörung des Sachverständigen, weil dies für die sachliche Prüfung der Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs der Antragsgegner zwingend erforderlich war. Nur so war dem Senat eine umfassende Würdigung zur Behauptung der Antragsgegner, der Sachverständige habe Angaben Dritter unrichtig in seinem schriftlichen Gutachten wiedergegeben, möglich. Dementsprechend wurde vom Senat mit Verfügung vom 20.4.2007 die Ladung des Sachverständigen unter Hinweis auf die Anhörung zum Befangenheitsantrag angeordnet, ohne dem Sachverständigen jedoch das Erscheinen ausdrücklich freizustellen.

b) Die Anhörung des Sachverständigen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat beschränkte sich allein auf bestimmte Wahrnehmungen des Sachverständigen, nämlich den Inhalt von Telefonaten mit Dritten. Gegenstand der Anhörung des Sachverständigen war daher die Bekundung von Wahrnehmungen, die typischerweise Gegenstand eines Zeugenbeweises sind, auch wenn diese Wahrnehmungen in der Folge Anknüpfungstatsachen für sachverständige Wertungen sein können, die aber f...

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