Leitsatz (amtlich)
Die Kosten des Verwaltungsverfahrens nach § 43 II BauGB gehören nicht zu den Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits vor dem Landgericht – Kammer für Baulandsachen.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 16.03.1990; Aktenzeichen 15 O 266/88) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin beim Landgericht Stuttgart vom 16.3.1990 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 330,22 DM.
Gründe
Die Antragstellerin hatte gegen die Antragsgegnerin Ersatz von Vertrauensschaden gem. § 39 BauGB geltend gemacht. Da eine Einigung nicht zustandekam, hatte die Antragstellerin gem. § 43 Abs. 2 BauGB beim Regierungspräsidium Stuttgart Ersatz des geltend gemachten Vertrauens Schadens beantragt. Gegen, den Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums hat die Antragstellerin beim. Landgericht – Kammer für Baulandsachen – Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Durch den am 2.11.1988 geschlossenen gerichtlichen Vergleich haben die Beteiligten u.a. vereinbart, daß die Antragsgegnerin die Gerichtsgebühren und 1/6, die Antragstellerin 5/6 „der übrigen Kosten des Rechtsstreits” trägt. Die Antragstellerin hat beantragt, im Rahmen der Kostenausgleichung auch die im Verfahren vor dem Regierungspräsidium ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten festzusetzen. Durch Beschluß vom 16.3.1990 hat die Rechtspflegerin die Festsetzung abgelehnt; das Landgericht hat die dagegen eingelegte Erinnerung der Antragstellerin ohne Abhilfe vorgelegt.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist als sofortige Durchgriffsbeschwerde zulässig, aber nicht begründet.
Nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Lehre ist das Verwaltungsverfahren vor dem Regierungspräsidium Sachurteilsvoraussetzung für das Verfahren vor der Kammer für Baulandsachen (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Rn 26 zu § 43; Battis-Krautzberger-Löhr, BauGB, 2. Aufl., Rn 3 zu § 43). Die Anrufung der höheren Verwaltungsbehörde durch einen Beteiligten ist notwendige Voraussetzung für das Verfahren vor der Kammer für Baulandsachen beim Landgericht, auf die Durchführung dieses Verfahrens können die Beteiligten, nicht verzichten. (vgl. BGH NJW 1976, 1264 m.Nachw.). Der Antragstellerin ist deshalb zuzustimmen, daß die von der Rechtspflegerin zitierte Entscheidung des 10. Senats (Az 10 W (Baul) 4/78 vom 7.5.1979) somit nicht vergleichbar ist.
Die Frage, ob die in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungsvorverfahren entstandenen Kosten als notwendige Vorbereitungskosten zu den Kosten des späteren Rechtsstreits gehören, ist umstritten (vgl. BGHZ 28, 302; OLG Frankfurt AnwBl. 1977, 310 m.Nachw.; Leipold in Stein-Jonas, 20. Aufl. 1984, Rn 22 zu § 91 ZPO verneinend; Voller, 15. Aufl. 1987, Rn 13 zu § 91 ZPO bejahend). Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluß Die Justiz 1987, 65 = JurBüro 1987, 269) die Ansicht vertreten, daß das Verfahren, in dem die Verwaltungsbehörde erstmals über die Entschädigung entscheidet. – anders als etwaige Widerspruchs- oder Einspruchsverfahren, die sich gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt richten – nicht als bloße Einleitung und damit als Teil des späteren Rechtsstreits anzusehen ist. Es handelt sich vielmehr um ein zwar notwendiges, jedoch eigenständiges Verfahren, für das die in einem späteren Rechtsstreit ergehende Kostengrundentscheidung nicht gilt. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Kosten eines notwendigen Vorverfahrens vor Verwaltungsbehörden gehören nicht als Prozeßvorbereitungskosten schon zu den Kosten des Rechtsstreits, soweit sich nicht aus der gesetzlichen Regelung des Verwaltungsvorverfahrens etwas anderes ergibt. Nach § 43 Abs. 2 BauGB findet aber § 121 BauGB entsprechende Anwendung mit der Folge, daß in jenem Verwaltungsverfahren eine eigene Kostenentscheidung zu treffen ist (vgl. BGH NJW 1971, 1752; Ernst-Zinkahn-Bielenberg a.a.O. Rn 15 zu § 121). Der vom OLG München (JurBüro 1976, 210) entschiedene Fall unterscheidet sich dadurch, daß dort die Verwaltungsbehörde im Verwaltungsvorverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen hatte, wie auch der Hinweis auf OLG Nürnberg JurBüro 1963, 420 zeigt. Wäre anstelle des von den Beteiligten geschlossenen Vergleichs eine gerichtliche Entscheidung der Kammer für Baulandsachen ergangen, hätte diese auch nur die Kosten des bei, ihr rechtshängigen. Verfahrens geregelt, nicht aber über die Kostenentscheidung der Verwaltungsbehörde und damit über die Kosten des von der Antragstellerin im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren zugezogenen Rechtsanwalts entschieden (vgl. BGH MDR 1962, 720 m.Nachw.). Das Verfahren vor dem Regierungspräsidium behält – obwohl ohne dieses Verfahren eine Anrufung der Baulandkammer nicht möglich gewesen, wäre – seine selbständige Bedeutung, über die im dortigen Verfahren entstandenen Kosten hat das Regierungspräsidium gem. § 121 BauGB entspr. zu entscheiden.
Die Durchgriffsbeschwerde der Antragstellerin war deshalb ...