Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB bei außerordentlicher Kündigung eines Anstellungsvertrages zwischen einer GmbH und dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, die Alleingesellschafterin der GmbH ist.
2. Zu den Voraussetzungen für eine Zulassung einer zweitinstanzlich erklärten Hilfsaufrechnung nach § 533 ZPO.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 2; ZPO § 533
Verfahrensgang
LG Rottweil (Urteil vom 10.05.2013; Aktenzeichen 5 O 46/12 KfH) |
Tenor
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Rottweil vom 10.5.2013 - 5 O 46/12 KfH - gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu und gegebenenfalls auch zur Zurücknahme der Berufung sowie der Widerklage bis 8.1.2014.
2. Der Senat weist ferner darauf hin, dass er beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf bis zu 290.000 EUR sowie - insoweit in Abänderung der durch das LG erfolgten Festsetzung - den Streitwert des Verfahrens in erster Instanz auf bis zu 200.000 EUR zu bestimmen.
Gründe
Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) sind erfüllt. Durch eine solche Zurückweisung würde die von der Beklagten in zweiter Instanz erhobene Widerklage wirkungslos (§ 524 Abs. 4 ZPO analog).
A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags des Klägers (Anlage K 1 [Bl. 10 ff.]) mit der Beklagten, die diese mit dem Kläger am 13.4.2012 zugegangenem Schreiben vom 12.4.2012 (Anlage K 6 [Bl. 35 f.]) ausgesprochen hat. Der Kläger verlangt mit seiner Klage die Zahlung restlichen Entgelts für den Monat April 2012 sowie die Feststellung, dass der Anstellungsvertrag durch die Kündigung nicht beendet worden ist. Die Beklagte rechnet - erstmals in der Berufungsinstanz - gegen den Zahlungsanspruch mit angeblich gegen den Kläger bestehenden Schadensersatzansprüchen der Beklagten hilfsweise auf und verfolgt diese Ansprüche im Übrigen mit der - ebenfalls erst in zweiter Instanz erhobenen - Widerklage.
Die Beklagte, deren Muttergesellschaft und Alleingesellschafterin die M. X AG und die persönlich haftende Gesellschafterin der X ... GmbH & Co. KG, einer weiteren Konzerngesellschaft der X-Gruppe, ist, stützt sich zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung auf den als solchen unstreitigen Umstand, dass der Kläger das als Anlage B 5 (Bl. 98 ff.) vorgelegte Schreiben vom 22.12.2011 an den Darlehensgeber (vgl. den als Anlage B 4 [Bl. 91 ff.] vorgelegten Darlehensvertrag vom 1.4.2002) und Hauptaktionär der M. X AG, die H. I. G. Inc., versandte. In dem Schreiben kündigte der Kläger an, die nächstfällige Darlehensrate werde nicht bis zum Ende des Jahres 2011, sondern allenfalls erst im März 2012 bedient. Außerdem wirft die Beklagte dem Kläger die nicht fristgerechte Bedienung der Rate zum Jahresende 2011 als solche vor und bringt vor, der Kläger sei für die Bereitstellung der dazu erforderlichen Liquidität verantwortlich gewesen. Im Zusammenhang mit diesem Gesellschafterdarlehen habe der Kläger seine Kompetenzen im Innen- wie im Außenverhältnis bewusst überschritten und dadurch die M. X AG geschädigt sowie diese und mittelbar die Beklagte existenziell gefährdet.
Ferner führt die Beklagte als wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung an, dass der Kläger - unstreitig - im Dezember 2011 eine Vereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Rechtsstreits schloss, den die Fa. E (im Folgenden: Fa. E) gegen die X ... GmbH & Co. KG geführt hatte; auch in diesem Verhalten des Klägers liege eine Verletzung seiner Bindungen im Innenverhältnis zur M. X AG wie im Außenverhältnis.
Nachdem das neben dem Kläger einzige Vorstandsmitglied der M. X AG, Herr S. A., spätestens am 17.2.2012 Kenntnis von der Nichtzahlung der Darlehensrate sowie von dem Schreiben des Klägers vom 22.12.2011, ferner von dem Umstand erlangt hatte, dass der Kläger den nun im Streit stehenden Prozessvergleich abgeschlossen hatte, fand am 2.4.2012 eine Sitzung des Aufsichtsrats der M. X AG statt. In dieser wurde der Kläger zu den Vorwürfen angehört und sodann seine Bestellung zum Vorstand der M. X AG nach § 84 Abs. 3 AktG widerrufen (Anlage B 14 [Bl. 155]). Die Rechtmäßigkeit dieses Widerrufs war Gegenstand des zwischen dem Kläger und der M. X AG u.a. vor dem Senat geführten Vorprozesses (s. den Senatsbeschluss vom 28.5.2013 - 20 U 5/12). Die gegen die Abberufung gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.
In der Sitzung vom 2.4.2012 bestellte der Aufsichtsrat Herrn C. B. E. als weiteres Mitglied des Vorstands der M. X AG neben Herrn A. (Anlage B 15 [Bl. 156]). Daraufhin betrieb der Vorstand u.a. die fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags zwischen den Parteien, die aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 12.4.2012 (Anlage K 7 [Bl. 37 f.]) mit von dem Vorstandsmitglied der M. X AG A. unt...