Leitsatz (amtlich)
Das nach § 69 Abs. 3 Nr. 13 BNatSchG bußgeldbewehrte Verbot des Abschneidens und auf den Stock Setzens (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG) erfasst nicht das vollständige Beseitigen des Landschaftselements, wie beispielsweise das vollständige Entfernen eines Baumes aus dem Erdreich mitsamt den Wurzeln.
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Entscheidung vom 14.05.2014; Aktenzeichen 14 OWi 172 Js 111633/13) |
StA Stuttgart (Aktenzeichen 172 Js 111633/13) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14. Mai 2014 wie folgt
a b g e ä n d e r t:
"Der Betroffene wird wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Entnehmens und Zerstörens von Pflanzen aus einem Naturschutzgebiet zu der Geldbuße von 1.500 EUR verurteilt.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens."
Die Liste der angewandten Vorschriften wird wie folgt neu gefasst:
"§ 23 Abs. 2, § 69 Abs. 7 BNatSchG, § 26 Abs. 3, § 80 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG Baden-Württemberg, § 4 Abs. 1, 2 Nr. 7, § 8 Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart über das Naturschutzgebiet "Weidach- und Zettachwald" vom 30. November 1990"
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil als unbegründet
v e r w o r f e n
- Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Stuttgart verurteilte den Betroffenen "wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Entfernens von Obstbäumen entgegen § 4 Abs. 1, 2 Nr. 7 und 9 der Naturschutzgebietsverordnung "Weidach- und Zettachwald" auf geschützten Streuobstwiesen in Tateinheit mit vorsätzlicher Entfernung von Bäumen innerhalb des Zeitraums 1.3. - 30.09. entgegen § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG". Es verhängte eine Geldbuße von 1.900 EUR.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und greift mit der Sachrüge insbesondere die Beweiswürdigung des Amtsgerichts an. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil unter Aufrechterhaltung der Feststellung aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsfolgen an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart zurückzuverweisen.
Der Einzelrichter hat die Sache zur Fortbildung des Rechts auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG).
II.
1.
Hinsichtlich der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen ist die Rechtsbeschwerde aus den von der Generalstaatsanwaltschaft dargelegten Erwägungen unbegründet im Sinne der § 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde hat insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Die Rechtsbeschwerde unternimmt lediglich den unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an Stelle der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Amtsgerichts zu setzten, was im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann.
2.
Hingegen erweisen sich die rechtliche Würdigung und die Begründung des Rechtsfolgenausspruchs durch das Amtsgerichts als rechtsfehlerhaft. Da der Senat angesichts der umfänglichen und rechtsfehlerfreien Beweisaufnahme und -würdigung ausschließen kann, dass bei einer Zurückverweisung weitere Feststellungen getroffen werden könnten, würdigt er den rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt (a) wie im Tenor geschehen selbst (b) und kann angesichts ausreichender Feststellungen gemäß § 79 Abs. 6 OWiG auch selbst die angemessene Rechtsfolge festsetzten (Göhler, OWiG, 16. Auflage, § 79 Rn. 45 bis 45e) (c).
a)
Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Betroffene ist Landwirt. In der Nacht vom 31. März auf den 1. April 2010 gegen ca. 22:00 Uhr entfernte er auf insgesamt acht verschiedenen, mit Flurstücknummern näher bezeichneten Grundstücken auf Streuobstwiesenflächen in drei näher bezeichneten Gewannen in Stuttgart insgesamt 13 Bäume (Obstbaumhochstämme) dergestalt, dass er jeweils mit seinem Traktor diese mittels der Traktorschaufel "umdrückte", so dass die Bäume mitsamt Wurzeln aus ihrer Verankerung gerissen wurden. Er transportierte sie dann ab, brachte sie zu einem Verladeplatz und verwertete das Holz teilweise für sich selbst. Die im Urteil festgestellten Grundstücke liegen alle im Naturschutzgebiet "Weidach- und Zettachwald". Dem Betroffenen war bei seinem Tun bekannt, dass eine Gestattung oder Befreiung der Naturschutzbehörde für die Baumbeseitigung nicht vorlag. Ihm war auch bekannt, dass er für die Beseitigung der Bäume eine solche Gestattung oder Befreiung bedurft hätte. Ihm war bewusst, dass es sich bei den Örtlichkeiten, wo die Bäume standen, um ein Naturschutzgebiet handelte. Eine Befreiung von dem Fällverbot hatte er nicht beantragt, da er von Kollegen wusste, dass es sehr lang daure, bis über eine solche Befreiung entschieden werde.
b)
Dieser Sachverhalt trägt nur eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG Baden-Württemberg i.V.m. § 4 Abs. 1, 2 Nr. 7, § 8 der Verordnung des...