Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuweisung der Ehewohnung: Voraussetzungen für eine Abänderung der Ausgangsentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch ein Beschluss, durch den ein Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung nach § 1361b BGB zurückgewiesen wurde, ist als Entscheidung mit Dauerwirkung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 FamFG anzusehen.

2. Wann eine Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 FAmFG als wesentlich anzusehen ist, kann in Ehewohnungssachen nach den zu § 17 HausratV entwickelten Kriterien bestimmt werden.

3. Dass bereits bei Erlass der Ausgansgentscheidung vorliegende Umstände unzutreffend rechtlich bewertet oder gewichtet worden seien, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Abänderung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

 

Normenkette

FamFG § 48 Abs. 1 S. 1; BGB § 1361b; HausratVO § 17

 

Verfahrensgang

AG Besigheim (Beschluss vom 26.08.2010)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Besigheim vom 26.8.2010 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Beschwerdewert: 3.000 EUR

 

Gründe

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist das nach dem 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden, da das Verfahren nach diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Da das AG bereits durch Beschluss vom 7.5.2009 (1 F 278/09) über einen Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung während des Getrenntlebens entschieden hatte, kann der neuerliche Zuweisungsantrag im vorliegenden Verfahren allenfalls unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 FamFG Erfolg haben. Der mit der Beschwerde noch weiterverfolgte Hauptantrag auf alleinige Zuweisung des Hausgrundstücks an die Antragstellerin ist daher als Abänderungsantrag auszulegen.

2. Der Beschluss vom 7.5.2009, durch den der damals gestellte Zuweisungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen wurde, da die Voraussetzungen für eine Änderung der damals bestehenden Aufteilung der Räumlichkeiten der Ehewohnung nicht vorlagen, enthält in der Sache eine Regelung der Benutzung der Ehewohnung in der Zeit des Getrenntlebens und ist daher eine Entscheidung mit Dauerwirkung i.S.d. § 48 Abs. 1 FamFG (Motzer in Scholz/Kleffmann/Motzer, Praxishandbuch Familienrecht, Bearb. Mai 2010, Teil D Rz. 60 f.; vgl. auch Maurer, FamRZ 2009, 1792, 1793 ff.; zur Anwendung des § 17 HausratV bei zurückweisender Ausgangsentscheidung vgl. OLG Köln FamRZ 1997, 892, juris, Rz. 8).

3.a) Das Gericht kann eine Entscheidung mit Dauerwirkung ändern, wenn sich die zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat (§ 48 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Wann eine Änderung als wesentlich anzusehen ist, kann in Ehewohnungssachen nach den zu der entsprechenden, inzwischen aufgehobenen Vorschrift des § 17 HausratV entwickelten Kriterien bestimmt werden. Danach ist von einer wesentlichen Änderung auszugehen, wenn unter Berücksichtigung der geänderten Umstände mit großer Wahrscheinlichkeit anders zu entscheiden gewesen wäre (Staudinger/Weinreich, BGB-Kom., Bearb. 2004, § 17 HausratsVO Rz. 5; Palandt/Brudermüller, BGB-Kom., 68. A., Anh. zu §§ 1361a, 1361b BGB, § 17 HausrVO Rz. 2; OLG Naumburg FamRB 2004, 316). Nicht ausreichend ist, dass eine andere Gewichtung oder abweichende rechtliche Bewertung bereits bei Erlass der Ausgangsentscheidung vorliegender Umstände vorgenommen werden soll; etwaige rechtliche Fehler der Ausgangsentscheidung können nur im Wege eines gegen diese gerichteten Rechtsmittels geltend gemacht werden (Staudinger/Weinreich, BGB-Kom., Bearb. 2004, § 17 HausratsVO Rz. 8; Müller-Gindullis in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 17 HausratsV Rz. 4; Palandt/Brudermüller, BGB-Kom., 68. A., Anh. zu §§ 1361a, 1361b BGB, § 17 HausrVO Rz. 2; OLG Köln FamRZ 1997, 892, juris, Rz. 12).

In Anwendung dieser Kriterien ist eine wesentliche Änderung nicht festzustellen.

b) Soweit die Antragstellerin auf die Lage und eine unterschiedliche Wohnqualität der von den Beteiligten, die allein in dem Haus leben, jeweils genutzten Räume, auf das ihr durch Vertrag vom 15.5.2001 vom Antragsteller übertragene Alleineigentum an der Immobilie, auf die Zurückführung von Verbindlichkeiten durch die Antragstellerin, auf das Einkommen des Antragsgegners und die finanzielle Möglichkeit, eine andere Wohnung zu suchen, auf Rückenschmerzen und rheumatische Beschwerden der Antragstellerin sowie auf damals vorgekommene Streitigkeiten der Beteiligten verweist, handelt es sich um Umstände, die bereits bei Erlass der Ausgangsentscheidung gegeben waren. Die damals getroffene Gesamtabwägung kam zu dem Ergebnis, dass eine unbillige Härte für die Antragstellerin nicht gegeben ist. Eine nachträgliche Änderung liegt bezüglich dieser Umstände nicht vor; sie können in einem späteren Verfahren auch nicht abweichend bewertet oder gewichtet werden.

Dasselbe gilt im Übrigen auch von den im Ausgangsverfahren von der Gegenseite geltend gemachten Umständen, wie etwa die Herkunft der überwiegenden finanziellen Mittel zum Erwerb der auf die A...

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