Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich setzt der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Zahlung von Wohngeld voraus, dass der Anspruchsgegner rechtswirksam Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden ist.
2. Es kann wegen eines widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sein, wenn ein Bucheigentümer Wohngeldforderungen sein fehlendes Eigentum entgegenhält, obwohl er sich bis zum Entstehen der Wohngeldforderung auf seine fehlende Eigentümerstellung nicht berufen hat, die Wohnung besessen und durch Vermietung für seine Zwecke wirtschaftlich genutzt hat sowie über 10 Jahre lang die Wohngeldforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft beglichen hat.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob ggü. Wohngeldforderungen, die aus einer Zeit nach Behauptung der Nichtigkeit des Eigentumserwerbs stammen, das Bestreiten der Eigentümerstellung deshalb treuwidrig sein kann, weil der Bucheigentümer die Wohnung weiter besitzt und die Gefahr besteht, dass eine große Zahl weiterer Miteigentümer sich auf die Nichtigkeit der durch einen Strukturvertrieb vermittelten Verträge einschließlich dem Eigentumserwerb berufen kann und dies unerträgliche Folgen für die Eigentümergemeinschaft haben würde
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2; BGB §§ 138, 242; GVG § 17a
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 12.04.2005; Aktenzeichen 19 T 308/04) |
AG Böblingen (Aktenzeichen 3 WEG 105/03) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 12.4.2005 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Auslagen sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.
Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.048,80 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage M in S. und macht aufgrund einer vertraglichen Ermächtigung im Verwaltervertrag im eigenen Namen gegen den Antragsgegner rückständiges Wohngeld aus dem Jahr 2001 bis zum November 2003 zzgl. Schadensersatz wegen Verzugs geltend.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darum, ob der Antragsgegner Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 503 geworden ist und ob er ggf. als bloßer Bucheigentümer zur Zahlung von Wohngeld verpflichtet ist.
Der Antragsgegner hatte am 10.10.1989 einem Herrn G. eine umfassende Vollmacht erteilt, aufgrund der dieser u.a. mit notariellem Vertrag vom 26.3.1990 von der Grundstücksverwertungsgesellschaft M. in S. mbH die Wohnung Nr. 503 kaufte. Der Antragsgegner wurde am 13.2.1991 als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Im Jahr 1995 verlängerte der Antragsgegner einen Vertrag über die Mietverwaltung seiner Wohnung. Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.9.2001 verkaufte er die Wohnung; mit Vereinbarung vom 22.7.2002/1.8.2002 wurde der Kaufvertrag aufgehoben, nachdem die Bank des Antragsgegners eine befreiende Schuldübernahme durch den Käufer abgelehnt hat. Gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der Verwalterin berief sich der Antragsgegner erstmals auf die Unwirksamkeit seines Eigentumserwerbs in der Anspruchserwiderung mit Schriftsatz vom 8.12.2003 im vorliegenden Verfahren. Der Antragsgegner ist weiterhin im Besitz der Wohnung.
Die Verkäuferin wurde inzwischen wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Der Antragsgegner hat wegen der von ihm behaupteten Nichtigkeit der im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung geschlossenen Verträge eventuelle Ansprüche gegen die ihn finanzierende Bank gerichtlich bisher nicht geltend gemacht. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziff. 1 der Gründe des Beschlusses des LG Stuttgart vom 12.4.2005 verwiesen.
Gegen den dem Antrag vollumfänglich stattgebenden Beschluss des AG Böblingen hat der Antragsgegner die sofortige Beschwerde eingelegt, die mit dem Beschluss des LG Stuttgart vom 12.4.2005 zurückgewiesen wurde. Weil die Antragstellerin Wohngeldansprüche gegen ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend mache, sei die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts gegeben. Der Antragsgegner sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum zur Zahlung des Wohngelds verpflichtet. Nachdem er sich bis zum Dezember 2003 ggü. der Eigentümergemeinschaft nicht auf eine fehlende Eigentümerstellung berufen, sondern sich wie ein Eigentümer verhalten habe, würde es gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verstoßen, wenn er die einen Wohnungseigentümer treffende Pflicht zu Wohngeldzahlungen nicht erfülle. Insbesondere habe er durch die Vermietung finanzielle Vorteile erlangt. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft seien die Umstände, die Zweifel an der Eigentümerstellung des Antragsgegners begründen könnten, nicht erkennbar gewesen. Im Übrigen stünde die Verkäuferin der Eigentumswohnung für die Beitreibung der Wohngeldforderung der Gemeinschaft faktisch nicht zur Verfügung, weil sie wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei.
Gegen den am 21.4.2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 2.5.2005 die sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der er die Zurückwe...