Leitsatz (amtlich)
Weist das Gericht den unter Bewährung stehenden Verurteilten an, sich zwecks Nachweises seiner Drogenabstinenz Urintests zu unterziehen, hat die Staatskasse die Kosten hierfür zu übernehmen, wenn der Verurteilte schuldlos hierzu nicht in der Lage ist.
Verfahrensgang
LG Tübingen (Entscheidung vom 05.06.2012; Aktenzeichen 12 StVK 2675/11) |
LG Tübingen (Entscheidung vom 05.06.2012; Aktenzeichen 12 StVK 2673) |
LG Tübingen (Entscheidung vom 05.06.2012; Aktenzeichen 12 StVK 2674/11) |
StA Tübingen (Aktenzeichen 970 VRs 11 Js 14408/06) |
StA Tübingen (Aktenzeichen 970 VRs 11 Js 14530/09) |
StA Tübingen (Aktenzeichen 970 VRs 42 Js 874/08) |
Gründe
I.
Das Landgericht Tübingen - Strafvollstreckungskammer - setzte mit Beschluss vom 15. November 2011 die Vollstreckung der letzten Drittel der Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Tübingen vom 28. November 2006 und von 25. November 2009 sowie aus einem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 17. Dezember 2008 zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit legte es auf drei Jahre fest. Der Verurteilte wurde angewiesen, nach der Haftentlassung regelmäßig, zumindest zwei Mal monatlich, Beratungsgespräche bei einer anerkannten Suchtberatungsstelle zu führen.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2012 teilte der Drogenberater mit, der Verurteilte habe im Rahmen seiner gerichtlichen Auflage an mittlerweile insgesamt sieben Gesprächen teilgenommen. Aufgrund der bisherigen Befundlage sei festzustellen, dass zumindest ein sehr unregelmäßiger und geringer Konsum bestehe und der Klient keine abstinente Lebensweise in Bezug auf Drogen führe. Der Klient sollte zur regelmäßigen Drogenscreenings motiviert werden, um das Konsummuster weiterhin beobachten zu können. Sollte sich abzeichnen, dass eine Abhängigkeit bestehe, würde von Seiten der Drogenberatung die Empfehlung zu entsprechender Behandlung ausgesprochen. Daraufhin ergänzte das Landgericht am 5. Juni 2012 den Beschluss vom 15. November 2011, indem es den Verurteilten anwies, sein Konsumverhalten in Bezug auf Betäubungsmittel mindestens einmal monatlich durch Vorlage des Ergebnisses eines Urintests gegenüber der Jugend- und Drogenberatungsstelle des oder einer anderen anerkannten Suchtberatungsstelle, bei welcher der Verurteilte Beratungsgespräche führt, nachzuweisen. In den Gründen dieses Beschlusses führt es aus, eine Übernahme der Kosten für Drogenscreenings komme nicht in Betracht. Die finanziellen Verhältnisse des Verurteilten stünden der Ergänzung des Bewährungsbeschlusses auch nicht entgegen. Zwar mache der Verurteilte gerade eine Umschulung bei der Agentur für Arbeit und habe nach eigenen Angaben wenig Geld zur Verfügung, welches er insbesondere zum Erwerb von Hausrat verwenden wolle. Dass die finanziellen Mittel zur Erfüllung der ergänzenden Weisung regelmäßiger Drogenscreenings tatsächlich unzureichend seien, sei jedoch weder belegt noch sonst ersichtlich.
Mit seiner Beschwerde trägt der Verurteilte vor, er befinde sich in einer Umschulungsmaßnahme der Agentur für Arbeit für einen Zeitraum von zwei Jahren. Er bitte darum, dass die Kosten für die 40,-- EUR Drogenscreenings monatlich von der Gerichtskasse übernommen werden, sie seien derzeit eine große Belastung für ihn. Ergänzend legt er eine Kopie seines Arbeitslosengeldbescheides vom 15. Februar 2012 vor.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Soweit der Verurteilte erstrebt, ihn von der Kostentragungspflicht als Folge der gerichtlichen Weisung zur monatlichen Drogenscreenings freizustellen, kann er eine entsprechende Überprüfung nur im Rahmen der Beschwerde gegen die Weisung selbst erreichen. Seinem Beschwerdeschreiben ist noch zu entnehmen, dass er sich gegen die Auferlegung der Weisung ohne gleichzeitige Kostenübernahme wehrt.
Eine Beschwerde gegen eine Weisung nach § 56 c StGB kann gem. § 453 Abs. 2 Sätze 1 und 2 StPO nur darauf gestützt werden, dass die getroffene Anordnung gesetzeswidrig ist. Dies wäre dann der Fall, wenn eine ausreichende Rechtsgrundlage für die erteilte Weisung nicht vorhanden ist oder sie sich als unverhältnismäßig oder unzumutbar darstellt oder sonst die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitet. Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
1.
Die Weisung, sich Urinkontrollen zu unterziehen, ist nicht gesetzeswidrig. Sie findet in § 56 c Abs. 1 StGB ihre gesetzliche Grundlage, die zugleich auch die erforderliche Einschränkung für Grundrechte enthält, die unter dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt stehen; die Aufzählung der nach § 56 c Abs. 2 und 3 StGB möglichen Weisungen ist nicht abschließend sondern beispielhaft (OLG Stuttgart, Die Justiz 1987, 234; OLG Zweibrücken, NStZ 1989, 578).
Wegen der veränderten Sachlage durch die Stellungnahme der Drogenberatungsstelle vom 4. Mai 2012 konnte die Weisung auch nachträglich erteilt werden (§ 56e StGB). Sie hat nicht nur das Ziel, die Überwachung des Verurteilten in der Bewährungszeit herbeizuführen, sondern durch sie sollte dem Verurteilten auch bei der Vermeidung ...