Leitsatz (amtlich)
Die Sonderregel der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 GmbHG gilt nicht für diejenige Kapitalerhöhung, mit der das Mindeststammkapital der GmbH entsprechend § 7 Abs. 2 GmbHG erreicht wird. Der Wegfall der Beschränkungen des § 5a Abs. 1 bis 4 GmbHG ist nicht von einer Volleinzahlung des Stammkapitals abhängig (wie OLG Hamm, 5.5.2011, 27 W 24/11, GmbHR 2011, 655; vgl. auch BGH, 19.4.2011 - II ZB 25/10, ZIP 2011, 955; entgegen OLG München, 23.9.2010, 31 Wx 149/10, NJW 2011, 464).
Normenkette
GmbHG § 5a Abs. 2 S. 1, Abs. 5, § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Stuttgart (Aktenzeichen HRB 729031) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung des AG Stuttgart - Registergericht - vom 6.9.2011 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Behandlung der Anmeldung des Beteiligten Ziff. 2 zur Eintragung in das Handelsregister vom 25.8.2011 (UR Nr. 1554/2011 UH) - unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats - an das AG Stuttgart - Registergericht - zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenentscheidung im Übrigen ist nicht veranlasst.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist unter der Firma ... im Handelsregister des AG Stuttgart mit einem Stammkapital von 1.000 EUR eingetragen. Am 30.8.2011 reichte sie, vertreten durch den Beteiligten Ziff. 2, beim AG - Registergericht - Stuttgart die notariell beglaubigte Anmeldung vom 25.8.2011 (UR 1554, 2011 des Notars ...) zur Eintragung einer Kapitalerhöhung auf 25.000 EUR und der Änderung der Firma in "..." in das Handelsregister ein. In § 3 des Protokolls der die Satzungsänderung beschließenden Gesellschafterversammlung erklärt der Geschäftsführer der Antragstellerin als zur Übernahme zugelassene Person, dass er anlässlich der Kapitalerhöhung der Gesellschaft von EUR 1000 auf EUR 25.000 den Aufstockungsbetrag von EUR 24.000 übernehme und sich verpflichte, eine Bareinlage i.H.v. EUR 12.000 sofort und die weitere Einlage nach Einforderung an die Gesellschaft zu leisten.
Mit Zwischenverfügung vom 6.9.2011 wurde als Eintragungshindernis aufgeführt, dass aus der Anmeldung hervorgehe, dass auf das Stammkapital lediglich ein Betrag von 12.000 EUR einbezahlt worden sei. §§ 57 Abs. 2, 7 Abs. 2 GmbHG seien bei Kapitalerhöhung einer Unternehmergesellschaft nicht anwendbar, weshalb der einzuzahlenden Barbetrag auf volle 25.000 EUR aufzustocken sei.
Hiergegen hat der Beteiligte Ziff. 2 als bevollmächtigter Notar am 9.9.2011 Beschwerde eingelegt.
Der Rechtspfleger hat an seiner Rechtsmeinung festgehalten und die Akten dem OLG ohne Abhilfe zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die befristete Beschwerde ist statthaft (§ 58 Abs. 1, 2. Hs i.V.m. § 382 Abs. 4 FamFG) und wurde form- und fristgerecht gem. §§ 58 ff FamFG erhoben. Die Beschwerdeberechtigung der beteiligten Gesellschaft, vertreten durch den bevollmächtigten Notar, ergibt sich aus § 59 Abs. 1 und 2 FamFG.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Für seine Rechtsauffassung nimmt der Rechtspfleger des Registergerichts Bezug auf den Beschluss des OLG München vom 23.9.2010 (31 Wx 149/10, NJW 2011, 464 = DNotZ 2011, 313 = NZG 2010, 1303 u.a.), wohingegen die Beschwerdeführerin für ihre gegenteilige Rechtsauffassung auf die Entscheidungen des BGH vom 19.4.2011 (II ZB 25/10, ZIP 2011, 955 = MDR 2011, 737 = DB 2011, 1216 u.a.) und des OLG Hamm vom 5.5.2011 (27 W 24/11 - GmbHR 2011, 655 = RNotZ 2011, 439) Bezug nimmt.
Nach § 7 Abs. 2 GmbHG darf die Anmeldung der Gesellschaft erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist. Insgesamt muss auf das Stammkapital mindestens soviel eingezahlt sein, dass die Hälfte des Mindeststammkapitals gem. § 5 Abs. 1 GmbHG (25.000 EUR) erreicht ist. § 5a Abs. 2 GmbHG ordnet dagegen an, dass bei einer Unternehmergesellschaft das Stammkapital entgegen § 7 Abs. 2 GmbHG in voller Höhe eingezahlt werden muss.
Streitig ist, ob auch im Fall der Kapitalerhöhung und des Übergangs einer Unternehmergesellschaft in eine reguläre GmbH die Anmeldung zum Handelsregister von der Volleinzahlung des Stammkapitals abhängig zu machen ist. Das OLG München hat sich in der oben zitierten Entscheidung unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstreits als erstes Obergericht mit der Frage beschäftigt, zu welchem Zeitpunkt die für die "UG (haftungsbeschränkt)" in § 5 Abs. 1 - 4 GmbHG geregelten Beschränkungen wegfallen. Es teilt die Auffassung, dass diese Sonderregelungen erst dann keine Anwendung mehr finden bzw. § 56a GmbHG und § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erst dann gelten, wenn die geleistete Bareinzahlung den Betrag des Stammkapitals i.H.v. 25.000 EUR (§ 5 Abs. 1 GmbHG) tatsächlich erreicht oder überschritten hat. Nach dem Wortlaut des § 5a Abs. 5 HS. 1 GmbHG sei der maßgebliche Zeitpunkt für den Wechsel der anzuwendenden Vorschriften der der (wirksamen) Erhöhung des Stammkapitals. Für die Wirksamkeit der Erhöhung des Stammkapitals bedürfe es aber neben dem Beschluss der Gesellschafter zur Kapital...