Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung von Abfindung und Ausgleich beim Unternehmensvertrag.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 14.07.2006; Aktenzeichen 31 AktE 22/04 KfH) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden und Anschlussbeschwerden wird der Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 14.7.2006, 31 AktE 22/04 KfH teilweise abgeändert und unter Aufhebung der Festsetzung von Gegenstandswerten insgesamt neu gefasst:
a) Die von der Antragsgegnerin zu leistende Barabfindung gem. § 5 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom 11.5.2004 wird auf 438,48 EUR je Stückaktie festgesetzt.
b) Der von der Antragsgegnerin zu leistende feste Ausgleich gem. § 4 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom 11.5.2004 wird auf 27,88 EUR je Stückaktie abzgl. Körperschaftsteuerbelastung einschließlich Solidaritätszuschlag in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs festgesetzt.
c) Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Antragsteller mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 26, die ihren Antrag zurückgenommen hat.
d) Für die erste Instanz wird der Geschäftswert auf 517.432,63 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen werden die Beschwerden und Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 517.432,63 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die 26 Antragsteller sind oder waren Aktionäre der BAG mit Sitz in S. (künftig: BAG), die mit der Antragsgegnerin als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags abgeschlossen hat. Die Antragsteller halten die den außenstehenden Aktionären als Ausgleich oder Abfindung angebotenen Beträge für nicht angemessen und sie begehren in diesem Spruchverfahren deshalb eine höhere Festsetzung.
I. Die BAG wurde 1921 gegründet, um nach der Verlegung des S. Hauptbahnhofs freigewordene Gleisflächen in der Innenstadt zu erwerben und zu bebauen. Sie ist Eigentümerin dreier mit Geschäftsgebäuden bebauter Grundstücke im Areal A., K., S., unmittelbar ggü. dem heutigen Hauptbahnhof gelegen. Das Kaufhausgrundstück K. ist in Erbbaupacht vergeben, die übrigen Gebäude sind vermietet (diese Angaben wie alle weiteren im Folgenden genannten Daten beziehen sich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 5.7.2004, sofern nicht anders angegeben).
Die BAG tritt zusammen mit zwei weiteren ebenfalls in den Zwanziger-Jahren des 20. Jahrhunderts gegründeten Gesellschaften, der SAG und der IAG, sowie der gemeinsamen Tochter Geschäftsbauten GmbH (im Folgenden GGmbH) unter der Bezeichnung "B. gesellschaften" auf. Die GGmbH wurde von allen drei Gesellschaften als gemeinsame Tochtergesellschaft gegründet, die BAG hält einen Geschäftsanteil von 25 %. Die GGmbH ist Eigentümerin weiterer Geschäftsbauten im Zentrum von S.. Sie hat im Jahr 2000 aufgrund eines Servicevertrags mit den drei B. gesellschaften die Besorgung sämtlicher Geschäfte dieser Gesellschaften mit Ausnahme der Geschäftsführung übernommen. Die Vorstände bzw. Geschäftsführer der drei Aktiengesellschaften und der GGmbH sind personenidentisch.
Das Grundkapital der BAG von 3.744.000.000 EUR ist in 144.000 Inhaber-Stückaktien aufgeteilt, wovon sich 10.673 Aktien (ca. 7,41 %) im Streubesitz befunden haben. Die restlichen Aktien wurden von der Antragsgegnerin (25,01 %) und den weiteren Konzerngesellschaften L. Holding GmbH (10 %) und IAG (57,58 %), gehalten. Die Aktien werden im sog. Telefonhandel bei der V. gehandelt.
Durch Pressemitteilung der B. gesellschaften vom 25.3.2004 wurde die Absicht der Antragsgegnerin bekannt gegeben, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der BAG abzuschließen. Der Vertrag wurde am 11.5.2004 abgeschlossen und durch eine weitere Pressemitteilung vom 13.5.2004 bekannt gemacht. Im Unternehmensvertragsbericht wurde auf der Grundlage eines von der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelten Ertragswerts von 55,6 Mio. EUR ein anteiliger Ertragswert je Aktie von 386,20 EUR angenommen. Im Unternehmensvertrag wurden eine Barabfindung von 390 EUR je Aktie und ein fester Ausgleich von 18,10 EUR je Aktie festgesetzt. Diese Festsetzungen wurden von den gerichtlich bestellten Vertragsprüfern, der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, im Prüfbericht vom 13.5.2004 als angemessen bestätigt.
Die Hauptversammlung der BAG vom 5.7.2004 stimmte dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zu. Der Unternehmensvertrag wurde am 18.8.2004 im Handelsregister eingetragen, die Eintragung wurde letztmals am 28.8.2004 bekannt gemacht.
II. Die Antragsteller haben eine Erhöhung der Barabfindung begehrt. Sie haben die Festsetzung für unangemessen gehalten, weil der durchschnittliche Börsenkurs im Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung und ebenso ein Liquidationswert des Unternehmens der BAG auf Basis der richtig zu ...