Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltszwang für sofortige Beschwerde;. Unterlassungsvollstreckung. Aktives Handeln des Schuldners. sachliche Reichweite des Unterlassungsgebots. Verschulden
Leitsatz (amtlich)
Die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts muss nicht durch einen beim OLG zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden, wenn die Beschwerde nicht beim OLG, sondern beim Landgericht eingelegt wird.
Ein Hersteller, dem verboten ist, in der Werbung für Bettwaren die Bezeichnung „Synthetik-Daune(n)” zu verwenden, verstößt nicht dadurch gegen dieses Verbot, dass er es unterlässt, so gekennzeichnete Ware von Händlern zurückzufordern, auf deren Verhalten er rechtlich keinen Einfluss hat.
Die Werbung mit der Angabe „Synthetik-Daune aus 100% Polyester” verstößt gegen das Verbot der Werbung mit der Angabe „Synthetik-Daune(n)”, wenn dieses Verbot damit begründet ist, dass die bloße Verwendung des Wortes „Daune” eine Gleichwertigkeitsberühmung enthält, welche das synthetische Produkt des Beklagten nicht einlöst. Das gilt selbst dann, wenn die Angabe „Synthetik-Daune aus 100% Polyester” Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags war, den der Kläger abgelehnt hat. Ein solcher Vergleichsvorschlag schließt auch das Verschulden des Schuldners nicht aus.
Für einen vorsätzlich begangenen Titelverstoß auf einer Messe ist ein Ordnungsgeld in Höhe von DM 8.000,– angemessen.
Normenkette
ZPO §§ 78, 569, 890
Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 2 KfH O 32/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 17.5.2000
geändert.
2. Gegen die Schuldnerin wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 8.000,00 DM verhängt.
Im Übrigen wird der Antrag des Gläubigers unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde
zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 30.000,00 DM
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, der Sache nach nur teilweise von Erfolg.
A
Der Gläubiger wendet sich gegen die Versagung eines Ordnungsgeldbeschlusses.
Durch – nicht rechtskräftiges – Urteil des Senates vom 22.10.1999, der Schuldnerin zugestellt am 4.11.1999, wurde diese unter Androhung von Ordnungsgeld verurteilt,
es zu unterlassen, in der Werbung für Bettwaren die Bezeichnung „Synthetik-Daune(n)” zu verwenden.
Eine Sicherheitsleistung hatte die Schuldnerin nicht erbracht. Mit Schreiben vom 15.11.1999 teilte der Gläubigervertreter der Schuldnerin mit, das Verbot gelte ab Verkündung des Urteils, gleichwohl billige er eine Reaktionsfrist bis 2.11.1999 zu (A 2). Am 22.11.1999, 5.1., 6.1. und 14.1.2000 haben Testkäufer der Gläubigerin bei von der Schuldnerin unabhängigen Einzelhändlern spätestens im 1. Halbjahr 1999 an diese ausgelieferte Ware vorgefunden, welche in der Verpackung den Einleger (A 3) aufwies, auf dem u. a. stand: „‚Synthetik-Daune’ aus 100 % Polyester”. Am 12.1.2000 hatte die Schuldnerin an ihrem Stand auf der Heimtextil-Messe in Frankfurt/Main ein Schild der Größe 1,40 m × 0,70 m mit der Aufschrift angebracht: „Daunitas Synthetik-Daune aus 100 % Polyester”.
Der Gläubiger hat in diesen Vorgängen Verstöße gegen das Senatsurteil gesehen. Soweit es Ware bei Händlern betraf, hat er die vorwerfbare Verletzungshandlung darin erblickt, dass die Schuldnerin nicht alles ihr Erdenkliche unternommen habe, die Händler zu einer urteilsgerechten Anpassung des Einlegers zu veranlassen. Das Auftreten auf der Messe verletze das Urteil ebenfalls, da in diesem die Verwendung des Begriffs „Daune” schon für irreführend gehalten werde.
Die Schuldnerin trat dem Antrag entgegen, da sie keine Rechtsmacht besitze, auf Einzelhändler nachträglich einzuwirken. Im Übrigen verstoße der beanstandete Einleger ebensowenig gegen den Titel wie das Messeschild. Das Urteil gründe darauf, dass durch „Synthetik-Daune(n)” der falsche Eindruck entstehen könne, die Naturdaune sei synthetisch behandelt. Ein solches Irreführungspotenzial werde aber durch den Zusatz: „aus 100 % Polyester” ausgeräumt. Diese Ergänzung führe insgesamt aus dem Verbotsbereich heraus, was auch einer Äußerung des Senatsvorsitzenden im Zuge der mündlichen Verhandlung zu entnehmen gewesen sei.
Das Landgericht wies den Antrag zurück, da die Schuldnerin keine Pflicht treffe, die Einleger entfernen zu lassen. Im Übrigen verstoße die dort und auf dem Messeschild angegebene Werbung nicht gegen den Verbotskern; der Senat habe die Verwendung des reinen Begriffes „Daune” für irreführend gehalten und die Voranstellung „Synthetik” nur nicht zur Aufklärung genügen lassen. Diese ausreichende Aufklärung leiste aber der jetzige Zusatz „… aus 100 % Polyester”.
Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag fort unter vertiefender Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens auch darauf gestützt, dass hinsichtlich der ausgelieferten Ware die Schuldnerin gar eine Rückrufpflicht getroffen habe, und dass Einleger und Schild auch mit dem Zusatz...