Leitsatz (amtlich)
Ein rechtsfehlerhaftes Prozessurteil berechtigt das Berufungsgericht nicht zu einer Zurückverweisung, wenn das Amtsgericht zur Sache verhandelt hat.
Normenkette
StPO § 260 Abs. 3, § 238 Abs. 1, § 2; StGB § 230
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Entscheidung vom 31.01.2018; Aktenzeichen 5 Ns 14 Js 21046/16) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts - 5. Strafkammer - Ravensburg vom 31. Januar 2018
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Ravensburg
zurückverwiesen.
Gründe
I.
In ihrer Anklageschrift vom 11. November 2016 hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg dem Angeklagten eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, begangen am 29. Juli 2016, zur Last gelegt. Das Amtsgericht Ravensburg hat das Verfahren am 2. Mai 2017 gegen den Angeklagten durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt, nachdem es in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Hauptverhandlung vom 20. April 2017 mit Fortsetzungstermin am 2. Mai 2017 umfangreich Beweis über den dem Angeklagten zur Last gelegten Sachverhalt erhoben und hierbei zahlreiche Zeugen vernommen hatte. Ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe ist das Amtsgericht Ravensburg nach dem Ergebnis seiner Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Angeklagte lediglich einer vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat. Da es jedoch an dem erforderlichen Strafantrag gemäß § 230 Abs. 1 StGB fehle und die Staatsanwaltschaft auch das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nicht bejaht habe, hat das Amtsgericht Ravensburg das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt.
Auf die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Ravensburg mit Urteil vom 31. Januar 2018 das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 2. Mai 2017 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an das Amtsgericht Ravensburg zurückverwiesen. Nach Ansicht des Landgerichts, das sich in seiner Entscheidung auf die Prüfung, ob eine der beiden Prozessvoraussetzungen des § 230 Abs. 1 StGB gegeben war, beschränkt hat, lagen die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO nicht vor. Die Staatsanwaltschaft habe das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bereits in ihrer Abschlussverfügung vom 11. November 2016 sowie durch Einlegung ihrer Berufung mit dem Ziel der Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung bejaht. Da ein erstinstanzliches Sachurteil bislang nicht ergangen sei, hat das Landgericht Ravensburg die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Ravensburg zurückverwiesen.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts Ravensburg hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 1. Februar 2018 Revision eingelegt. Mit seiner Revisionsbegründung rügt er "die Verletzung materiellen Rechts", "das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg sei rechtmäßig".
Er hat beantragt, das Urteil des Landgerichts Ravensburg mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer - gegebenenfalls an ein anderes Landgericht - zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 27. Juli 2017 beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Revision ist zulässig.
a) Obwohl das angefochtene Urteil des Landgerichts Ravensburg keine Sachentscheidung enthält, beschwert es den Angeklagten.
Eine Beschwer als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels liegt vor, wenn die ergangene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinen rechtlichen Interessen beeinträchtigt und einen unmittelbaren Nachteil für ihn enthält. Zwar ist ein Angeklagter durch eine Verfahrenseinstellung wegen eines Prozesshindernisses in der Regel nicht beschwert, da es sich bei einem Einstellungsurteil um ein Prozessurteil handelt, das lediglich das Bestehen eines Prozesshindernisses feststellt, dessen Art sich aus den Urteilsgründen ergibt. Eine Beschwer wird im Anwendungsbereich des § 328 Abs. 1 StPO jedoch zum einen darin gesehen, dass das Berufungsgericht nicht die dem Angeklagten günstige, von ihm erstrebte Entscheidung (hier: Verwerfung der Berufung der Staatsanwaltschaft) erlassen, sondern die Sache zurückverwiesen hat und durch die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils in die bereits erlangte Rechtsposition mit möglicherweise nachteiligen Folgen eingegriffen hat; darauf, ob die spätere abschließende Entscheidung dem Angeklagten zum Vorteil gereicht, kommt es für die Frage der Beschwer nicht an. Ferner liegt in diesen Fällen eine Beschwer darin, dass eine gesetzlich nicht vorgesehene Verweisung den Anspruch des Angeklagten auf seinen gesetzlichen Ric...